Rz. 68

Die unbeschränkte Steuerpflicht führt im Regelfall zu einer höheren Belastung mit deutscher Erbschaftsteuer als die beschränkte Steuerpflicht. Dies allerdings nur deshalb, weil im Regelfall eine deutlich höhere Bemessungsgrundlage zum Tragen kommt, die über das Inlandsvermögen hinaus das gesamte weltweit vorhandene Vermögen erfasst.

 

Rz. 69

Des Weiteren ist dem beschränkt Steuerpflichtigen auch die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer nach § 21 Abs. 1, 2 ErbStG verwehrt. Hinzu kommt die Beschränkung des Schuldenabzugs nach § 10 Abs. 6 S. 2 ErbStG. Vor diesem Hintergrund ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob nicht – vielleicht wider Erwarten – die (Wieder-)Begründung der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland sinnvoll sein könnte. Das kann insb. dann der Fall sein, wenn durch die Einbeziehung der nicht in Inlandsvermögen bestehenden Erwerbsgegenstände nur eine vergleichsweise geringe Erhöhung der steuerlichen Bemessungsgrundlage eintritt oder das Auslandsvermögen gar überschuldet ist. Allein die Gewährung der Anrechnungsmöglichkeiten (§ 21 ErbStG) wird kaum den Ausschlag für eine Vorteilhaftigkeit der unbeschränkten Steuerpflicht geben können. Denn zum einen kann die ausländische Steuer max. in der Höhe auf die deutsche angerechnet werden, die der deutschen Steuerlast auf das Auslandsvermögen entspricht. Zum anderen ist die Per Country Limitation des § 21 Abs. 1 S. 3 ErbStG zu beachten.

 

Rz. 70

In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Begründung einer unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland denkbar einfach zu erreichen ist. Bereits die kurzfristige Wohnsitznahme in Deutschland genügt, um eine Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG für die darauffolgenden fünf Jahre auszulösen.

 

Rz. 71

Schließlich ist anzumerken, dass in bestimmten Situationen der Zeitpunkt der Geltendmachung erbrechtlicher Ansprüche über das Bestehen oder Nichtbestehen der Erbschaftsteuerpflicht entscheiden kann: Dies gilt insb. für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen oder die Ausschlagung noch nicht angenommener Vermächtnisse nach in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Erblassern. Wartet hier der Anspruchsinhaber mit der Geltendmachung bzw. mit dem Verzicht solange, bis er der deutschen unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht nicht mehr unterliegt, kann hierdurch die Steuerfreiheit erreicht werden. In Betracht kommen derartige Überlegungen immer dann, wenn seit dem Wegzug des Pflichtteilsberechtigten/Vermächtnisnehmers bereits annähernd, aber noch nicht ganz fünf Jahre vergangen sind. Ähnliche Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich auch bei bedingten Erbeinsetzungen und Vermächtnissen, wenn der Bedingungseintritt im Einzelfall entsprechend hinausgezögert werden kann.

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