Rz. 5

Die Steigerungen der Steuersätze (Belastung) sind von Steuerklasse I bis III unterschiedlich hoch. Die Wertstufen enthalten unterschiedlich große Spannen, im Bereich kleinerer Erwerbe ergibt sich ein steilerer Anstieg als im Bereich höherer Erwerbe. Innerhalb der Steuerklassen ist die Steigerung der Steuersätze ab 26.000.000 EUR niedriger als in den niedrigeren Stufen des stpfl. Erwerbs. Akzeptiert man als Rechtfertigung für die Erbschaftsteuer die durch die unentgeltliche Bereicherung erlangte besondere Leistungsfähigkeit, würde man vermuten, dass die Erbschaftsteuerbelastung entsprechend der Bereicherung gleichmäßig ansteigt. Das ist aber nicht der Fall. Deshalb muss ein Erbe mit einem steuerpflichtigen Erwerb von 5,9 Mio. EUR genauso (nur) 19 % (Steuerklasse I) Erbschaftsteuer zahlen wie ein Erbe mit einem steuerpflichtigen Erwerb von 0,61 Mio. EUR. Die Belastungsverteilung über §§ 19, 19a ErbStG ist also nicht in jeder Hinsicht gleichmäßig, vielmehr gibt es eine Steuerklassen- und -satzbedingte ungleiche Belastung. Ob der Steuersatzverlauf in sich völlig schlüssig ist, ist zweifelhaft. Eine spezielle gesetzgeberische Rechtfertigung für diese unterschiedliche Belastung gibt es nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass diese steuersatzbedingte (ungleichmäßige) Belastungsverteilung noch im Rahmen der zulässigen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegt.

Im Bereich des Steuerrechts habe der Gesetzgeber nach der Rspr. des BVerfG[17] einen weitreichenden Entscheidungsspielraum auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Die Freiheit des Gesetzgebers im Erbschaftsteuerrecht werde grds. durch zwei Leitlinien begrenzt, nämlich durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Grundsatz der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit.

Offenbar zwingt Art. 3 GG den Gesetzgeber nicht zu einem ganz bestimmten Steuersatzverlauf, vielmehr ist er – wie auch bei der Einkommensteuer praktiziert – berechtigt zu entscheiden, ob er einen Stufentarif, einen linearen, einen degressiven oder gemischten Tarif (ggf. mit unterschiedlich ansteigenden Bemessungsgrundlagen) vorschreibt. Natürlich gibt es auch hier Grenzen, z.B. Chaostarif,[18] Sondertarife für bestimmte Bevölkerungsgruppen etc., die nach geltendem Recht aber nicht überschritten wurden.

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