Rz. 203

Verzichtet ein Gesellschafter zum Teil auf ein ihm zustehendes Bezugsrecht im Rahmen einer Kapitalerhöhung und lässt er dieses Bezugsrecht insoweit verfallen, kann in diesem Verzicht eine steuerbare Zuwendung des Gesellschafters an denjenigen Gesellschafter zu sehen sein, der an der Kapitalerhöhung teilnimmt. Denn ihm fließt durch die Kapitalerhöhung eine Wertsteigerung zu, die den Wert einer von ihm zu erbringenden Einlage übersteigt. Der Fall entspricht insoweit dem vorgenannten Fall einer Kapitalerhöhung gegen ein zu geringes Aufgeld.[386] Dies gilt auch nach Ansicht des BFH, der eine Substanzverschiebung verlangt, zumindest dann, wenn es im Zuge der Kapitalerhöhung zu einer Kapitalquotenveränderung kommt, was z.B. bei Aufnahme neuer Gesellschafter im Zuge der Kapitalerhöhung zu bejahen ist.[387] Nach Einführung des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG genügt es für eine steuerpflichtige Zuwendung zukünftig, wenn es zu einer Werterhöhung des Geschäftsanteils ohne Veränderung der Beteiligungsquoten kommt.

Erfolgt die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, erwerben die bisherigen Gesellschafter die neuen Anteile zwingend im Verhältnis ihrer bisherigen Geschäftsanteile, § 57j GmbHG, § 212 AktG. Bei einem Verzicht auf ein solches Bezugsrecht kommt es daher zu einer Zuwendung des neu entstandenen Anteils an die anderen Gesellschafter.[388]

[386] Koordinierter Ländererlass v. 20.10.2010 – 3 S 3806/75, BStBl I 2010, 1207 und v. 14.3.2012, BStBl I 2012, 331; R E 7.5 (4) ErbStR 2019.
[388] Koordinierter Ländererlass v. 20.10.2010 – 3 S 3806/75, BStBl I 2010, 1207 und v. 14.3.2012, BStBl I 2012, 331; R E 7.5 (4) S. 2f. ErbStR 2019; kritisch dazu Felten, BB 2011, 1621, 1625 unter Hinweis auf die zivilrechtliche Nichtigkeit entsprechender Gesellschafterbeschlüsse.

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