Rz. 9

Die Sätze 2 und 4 des § 179 BewG verpflichten die Gutachterausschüsse, Bodenrichtwerte jeweils den zuständigen Finanzämtern mitzuteilen. Die Verpflichtung zur Mitteilung der Bodenrichtwerte ist in §§ 196 ff. BauGB geregelt. Durch die Änderung von § 179 BewG wird jetzt in Satz 3 klargestellt, dass bei der Wertermittlung stets der Bodenrichtwert anzusetzen ist, der von den Gutachterausschüssen zuletzt – vor dem Bewertungsstichtag (§§ 9, 11 ErbStG) – zu ermitteln war.

Bei der Wertermittlung ist also stets der Bodenrichtwert anzusetzen, dessen turnusmäßige Ermittlung dem Bewertungsstichtag vorausging (siehe oben).[3] Somit kommt es nicht darauf an, wann der Gutachterausschuss den Bodenrichtwert tatsächlich ermittelt und dem Finanzamt mitgeteilt hat.

 

Beispiel

Zum 16.1.2021 (Tag der Auflassung; zugleich der Tag der Eintragungsbewilligung gemäß § 19 GBO) wird ein unbebautes Grundstück verschenkt. Der Gutachterausschuss hat zuletzt zum 31.12.2018 einen Bodenrichtwert von 300 EUR/m2 ermittelt. In seiner Sitzung im April 2021 ermittelt der Gutachterausschuss zum 31.12.2020 einen Bodenrichtwert von 340 EUR/m2. Der Gutachterausschuss teilt den Bodenrichtwert dem Finanzamt erst im Mai 2021 mit.

Achtung: Der Bewertungsstichtag und Zeitpunkt der Schenkung ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 BewG i.V.m. § 11 ErbStG bereits der Zeitpunkt der Auflassung i.S.d. § 925 BGB sowie der Eintragungsbewilligung gemäß § 19 GBO, vgl. R E 9.1 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2019, hier mithin der 16.1.2021.

Bei der Bewertung des unbebauten Grundstücks muss das Finanzamt von einem Bodenrichtwert von 340 EUR/m2 ausgehen. Dies ist der turnusmäßig zuletzt vor dem Bewertungsstichtag vom Gutachterausschuss zu ermittelnde Wert.[4]

 

Rz. 10

Pauschale Minderungen des Werts wie in älteren Fassungen im BewG manifestiert (z.B. 20 % in § 145 Abs. 3 BewG) für Unwägbarkeiten (z.B. Lärm, Gerüche etc.) am Grundstück existieren nicht. Der Steuerpflichtige hat allerdings die Möglichkeit, nach § 198 BewG einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Die Begründung für diese gesetzliche Öffnungsklausel ("Escape-Klausel") liegt darin, dass es sich bei Bodenrichtwerten lediglich um durchschnittliche Lagewerte (siehe oben) für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands innerhalb eines Gebietes handelt, es aber durchaus für das singuläre Grundstück zu Abweichungen im Wert kommen kann.

 

Rz. 11

Liegt kein Bodenrichtwert für das betreffende Grundstück vor oder ist zweifelhaft, ob ein Bodenrichtwert vorliegt, ist der Gutachterausschuss zunächst verpflichtet, hierfür einen Bodenrichtwert zu ermitteln und dem Finanzamt mitzuteilen. Die Gutachterausschüsse bestehen gewöhnlich aus Sachverständigen, Architekten und ähnlichen Berufsangehörigen sowie einem Finanzbeamten aus der Bewertungsstelle. Es handelt sich also nicht um Bedienstete der Kommune selbst. Die Kommune unterhält eine Geschäftsstelle, die die Wertermittlung verwaltungstechnisch ausführt und Ansprechpartner für Interessenten ist. Auskünfte können telefonisch eingeholt werden, qualifizierte Auskünfte nur schriftlich, dann auch gebührenpflichtig.

[3] Die Gutachterausschüsse kommen gem. § 196 Abs. 1 BauGB i.V.m. Tz 3 BRW-RL (Richtlinie zur Ermittlung von Bodenrichtwerten) grds. ihrer flächendeckenden Ermittlungspflicht auf den 31.12. eines jeden zweiten Kalenderjahres nach, jedoch können die Länder durchaus häufigere Ermittlungen vorschreiben (Tz 3 BRW-RL).
[4] Vgl. dazu auch H B 179.2 "Anzusetzender Bodenrichtwert" ErbStH 2019.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge