aa) Gesetzliche Regelungen

 

Rz. 52

Je nachdem, für welche Art der Nachfolgeregelung sich die Gesellschafter bei der Abfassung ihres Gesellschaftsvertrages entscheiden, kommt es beim Ausscheiden eines von ihnen durch Tod zu völlig unterschiedlichen Konsequenzen.[165] Geht in einigen Fällen der Gesellschaftsanteil als solcher auf einen oder mehrere Nachfolger durch Erbanfall – also erbrechtlich – über, fällt in anderen Konstellationen lediglich ein – in welcher Höhe auch immer bestehender – Abfindungsanspruch in den Nachlass.

 

Rz. 53

Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts regelt § 727 Abs. 1 BGB, dass die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt.

Nach den Regelungen des am 10.8.2021 beschlossenen Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG)[166] wird ab dem 1.1.2024 zwischen der rechtsfähigen Gesellschaft (§§ 706 ff. BGB n.F.) auf der einen Seite und der nicht rechtsfähigen Gesellschaft (§§ 740 ff. BGB n.F.) auf der anderen Seite unterschieden: Die nicht rechtsfähige GbR gilt (auch künftig) nach § 740a Abs. 1 Nr. 3 BGB n.F. mit den Tod eines Gesellschafters als beendet (nicht mehr als aufgelöst). Die rechtsfähige GbR wird aber nach § 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Der Tod eines Gesellschafters führt dann also (nur) zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft.

An der grundsätzlichen Dispositivität der gesetzlichen Regelungen hat sich durch das MoPeG aber nichts geändert.[167]

 

Rz. 54

Hinsichtlich der Personenhandelsgesellschaften stellt sich die Situation auf der Grundlage des Handelsrechtsreformgesetzes (HrefG)[168] wie folgt dar:

Gem. § 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB führt der Tod eines Gesellschafters nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern nur zum Ausscheiden des Verstorbenen, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht.[169] Dasselbe gilt grds. auch für die Kommanditgesellschaft (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Bezüglich des Anteils eines Kommanditisten bestimmt § 171 HGB aber, dass mit dessen Tod seine Erben oder Vermächtnisnehmer in die Kommanditistenstellung nachrücken und die Gesellschaft mit ihnen fortgesetzt wird, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt. Der Kommanditanteil ist also vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen vererblich.

[165] Riedel, ZErb 2009, 2.
[166] BGBl I 2021, 3436.
[167] Vgl. § 708 BGB-MoPeG (auf den auch § 740 Abs. 2 BGB-MoPeG für die nichtrechtsfähige GbR verweist) sowie ausdrücklich § 723 Abs. 1 S. 1 BGB-MoPeG.
[168] Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften – HrefG v. 22.6.1998, BGBl I 1998, 1474, in Kraft getreten am 1.7.1998.
[169] K. Schmidt, NJW 1998, 2161, 2166.

bb) Vertragliche Regelungen

 

Rz. 55

Wie sich aus den genannten Vorschriften ergibt, haben die Gesellschafter die Möglichkeit, von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Vereinbarungen zu treffen. In der Praxis sind vor allem die nachfolgend genannten Gesellschaftsvertragsklauseln anzutreffen.[170]

[170] Riedel, ZErb 2009, 2; Günther, ErbStB 2014, 22; Kamps, DB 2019, 39; Wälzholz, NWB 2014, 819; Carlé, KÖSDI 2018, 20949.

(1) Fortsetzungsklausel

(a) Zivilrecht

 

Rz. 56

Als Fortsetzungsklauseln werden solche Regelungen bezeichnet, denen zu Folge die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters mit den übrigen Gesellschaftern fortgeführt wird. Der verstorbene Gesellschafter scheidet im Zeitpunkt seines Todes aus der Gesellschaft aus. Damit erlöschen automatisch auch alle ihm bis dato zustehenden gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte.[171] Die gesamthänderische Beteiligung des Verstorbenen wächst den übrigen (Mit-)Gesellschaftern gem. § 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 1 S. 1 BGB an, sog. Anwachsungserwerb.[172]

In den Nachlass fällt (bestenfalls) ein Abfindungsanspruch gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB, der sich gegen die Gesellschaft (als solche) richtet.

 

Rz. 57

Infolge einer gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungsklausel kommt es zum Anwachsungserwerb der verbleibenden Gesellschafter. Dieser führt an und für sich noch zu keiner erbschaftsteuerlich relevanten Bereicherung. Denn grds. steht der Anwachsung eine gleichwertige Zahlungsverpflichtung gegenüber den Erben des verstorbenen Gesellschafters gegenüber. Da gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB dieser Abfindungsanspruch der Erben dem Verkehrswert des Anteils des Ausscheidenden entspricht, kommt es – soweit keine Abfindungsbeschränkungen eingreifen – zu keiner steuerpflichtigen Vermögensmehrung auf Seiten der verbleibenden Gesellschafter.[173]

[171] BGH WM 1987, 981, 982.
[172] K. Schmidt, § 45 V II d.
[173] Riedel, ZErb 2009, 2, 4.

(b) Erbschaftsteuer

 

Rz. 58

Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn der Abfindungsanspruch der Erben durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen beschränkt ist. Dann besteht eine Steuerpflicht gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG.

Hierbei handelt es sich um eine Sonderregelung für die Rechtsnachfolge in Gesellschaftsanteile (sowoh...

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