Rz. 39

Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn die Zuwendung nur zum Teil unentgeltlich erfolgt und im Übrigen entgeltlich, der Bedachte also eine Gegenleistung erbringt, die nicht dem Wert der Zuwendung entspricht und der Zuwendende diesen überschießenden Wert dem Bedachten unentgeltlich zuwenden möchte.[76] Der BFH teilt eine gemischte Schenkung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil auf, wobei nur Letzterer der Besteuerung zugrunde gelegt wird (sog. Trennungstheorie).[77] Fehlt es an einer Verknüpfung von Zuwendung und Gegenleistung, liegt – bezogen auf die Zuwendung – eine voll unentgeltliche Zuwendung vor.

 

Rz. 40

Die Bereicherung des Bedachten ermittelt sich bei der gemischten Schenkung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen.[78] Als bürgerlich-rechtliche Bereicherung ist der Unterschied zwischen dem Verkehrswert der Leistung des Zuwendenden und dem Verkehrswert der Gegenleistung des Beschenkten anzusehen.[79] Die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage ermittelte sich früher durch Aufteilung des Steuerwertes der Leistung des Schenkers in dem Verhältnis, in dem der Verkehrswert der Bereicherung des Bedachten zu dem Verkehrswert des geschenkten Vermögens steht.[80] Es fand daher nach altem Recht folgende Formel Anwendung:

 

Beispiel

Der Vater V überträgt dem Sohn S ein Grundstück, das einen Steuerwert von 500.000 EUR und einen Verkehrswert von 600.000 EUR hat. Im Gegenzug zahlt S an V einen Geldbetrag von 50.000 EUR, den V verwendet, um die noch auf dem Grundstück lastende Darlehensfinanzierung in Höhe von 50.000 EUR abzulösen.

Lösung (alte Berechnungsweise)

Die bürgerlich-rechtliche Bereicherung des S beläuft sich auf 550.000 EUR (600.000 EUR – 50.000 EUR). Die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage beträgt daher (500.000 EUR × 550.000 EUR) : 600.000 EUR = 458.333 EUR.

 

Rz. 41

Im Ergebnis wurde daher bei einer gemischten Schenkung der Abzug der Belastung in voller Höhe verhindert. An diesen Grundsätzen hält die Finanzverwaltung nach dem 31.12.2008 nicht mehr fest.[81] Aufgrund der Annäherung der Steuerwerte an die Verkehrswerte (bürgerlich rechtliche Bereicherung) erlaubt die Finanzverwaltung einen Abzug der Gegenleistung von der schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlage mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert. Die Anwendung der Formel und die dadurch bedingte anteilige Kürzung der Gegenleistung entfällt und damit auch die Unterscheidung zwischen gemischten Schenkungen und Schenkungen unter Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen (siehe unten Rdn 54). Für den Beispielsfall ergibt sich daher folgende Lösung:

 

Lösung

Die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage für S beträgt 450.000 EUR (500.000 EUR – 50.000 EUR). S wird daher bei einem im Sachverhalt vorgegebenen Auseinanderfallen von Verkehrswert und Steuerwert durch die Berechnungsweise grds. besser gestellt, da die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage niedriger ausfällt. Deckt sich dagegen der Steuerwert mit der bürgerlich rechtlichen Bereicherung, kommt es im Ergebnis aber nicht zu einer Steuerersparnis. Denn im Beispielsfall würde dann die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage 550.000 EUR (600.000 EUR – 50.000 EUR) betragen.

Die Berechnungsweise führt aber in jedem Fall zu einer deutlichen Vereinfachung des Rechenweges, da auf eine verhältnismäßige Aufteilung und eine zusätzliche Ermittlung des Verkehrswertes des Schenkungsgegenstandes verzichtet werden kann.

[76] Für eine gemischte Schenkung spricht sich beispielsweise das FG München v. 5.2.2001 – 4 V 3339/00, EFG 2001, 701 aus, wenn die Gegenleistung den Wert des Übertragungsgegenstandes um mindestens 20 % unterschreitet.
[77] BFH v. 12.12.1979 – II R 157/78, BStBl II 1980, 260; BFH v. 21.10.1981 – II R 176/78, BStBl II 1982, 83; BFH v. 14.7.1982 – II R 125/79, BStBl II 1982, 714. Vgl. auch Rödl/Seltenreich, § 7 S. 359 ff. zur Entwicklung der Rspr. und der Kritik in der Literatur.
[78] R 17 Abs. 1 S. 3 ErbStR a.F.
[79] R 17 Abs. 1 S. 7 Nr. 1 ErbStR a.F.
[80] R 17 Abs. 2 ErbStR a.F.; z.B. BFH v. 5.4.1989 – II R 45/86, BFH/NV 1990, 506.
[81] Ausdrücklich Koordinierter Ländererlass v. 20.5.2011 – 3 S 3806/76, BStBl I 2011, 562; R E 7.4 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2019; anders noch im Erlass v. 25.6.2009, BStBl I 2009, 713.

(1) Übernahme von Darlehen

 

Rz. 42

Die Übernahme von Darlehen durch den Bedachten beinhaltet ebenfalls eine entgeltliche Gegenleistung. Bleibt jedoch der Zuwendende aus den Darlehen allein verpflichtet und übernimmt der Bedachte lediglich die auf dem zugewendeten Grundstück liegenden dinglichen Belastungen[82] oder verpflichtet sich der Zuwendende, für die Dauer des Vorbehaltsnießbrauchs die Verbindlichkeiten weiter zu tilgen,[83] handelt es sich aus Sicht des Bedachten um eine aufschiebend bedingte Last und nicht eine Gegenleistung, § 12 Abs. 1 ErbStG, § 6 Abs. 1 BewG.[84] Erst wenn der Zuwendende seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht nachkommt und der Gläubiger der Grundpfandrechte den dinglichen Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück (§§ 1142, 1150 BGB) geltend macht, kommt es ...

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