Rz. 103

§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigt den Übergang von Anteilen an Kapitalgesellschaften, bei denen der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der jeweiligen Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war bzw. ist (Mindestbeteiligungsquote). Trotz der Verwendung des Wortes "Übergang" können auch neu entstehende Anteile (z.B. anlässlich einer disquotalen Kapitalerhöhung) in den Anwendungsbereich von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG fallen.[275]

Mangels Anteilsübergangs kommt eine Begünstigung reiner Werterhöhungen (an bestehenden Anteilen) nicht in Betracht. Dies gilt insbesondere für steuerpflichtige Vorgänge nach § 7 Abs. 8 ErbStG.[276]

 

Rz. 104

Die Definition des Begriffs "Kapitalgesellschaft" sollte sich mit der in § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG decken und somit Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und europäische Gesellschaften (SE) umfassen.

Genossenschaften nennt das Gesetz insoweit nicht, weder in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG noch in § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG.[277] Sie sind also keine Kapitalgesellschaften und unterfallen daher auch nicht dem Anwendungsbereich der Verschonungsnormen.[278]

 

Rz. 105

Die Regelung zielt in erster Linie auf Kapitalgesellschaftsanteile im Privatvermögen ab, da die in einem Betriebsvermögen gehaltenen Anteile grds. bereits nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigt sind. Soweit die Anwendung von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG jedoch scheitert, können auch in einem Betriebsvermögen gehaltene Kapitalgesellschaftsanteile nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigt sein. Es besteht insoweit keine abschließend verdrängende Gesetzeskonkurrenz.[279] Wegen des Erfordernisses der Unmittelbarkeit der Beteiligung kommt dies jedoch im Ergebnis nur für Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers sowie für das Sonderbetriebsvermögen eines Personengesellschafters/Mitunternehmers in Betracht. In diesen Fällen ist auch eine nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nicht privilegierte isolierte Übertragung (zu einem Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen gehörender) Kapitalgesellschaftsanteile begünstigungsfähig.

 

Rz. 106

Als Begünstigungsgegenstand nennt § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Anteile an Kapitalgesellschaften sowohl inländischer als auch EU- bzw. EWR-ausländischer Kapitalgesellschaften. Bezogen auf inländische Kapitalgesellschaften geht es also um Aktien (§§ 1, 6 AktG), Kommanditaktien (§ 278 AktG) und Geschäftsanteile an GmbHs[280] (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 und §§ 4, 5, 14 GmbHG).[281] Einbringungsgeborene Anteile werden dabei genauso behandelt wie alle anderen Anteile; eine Sonderrolle kommt ihnen nicht zu.[282] Eine etwa vom gesetzlichen Grundfall abweichende Ausgestaltung der Anteilsrechte hat auf die Anteils-Qualität i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG keinen Einfluss.[283] Aus diesem Grund sind auch Vorzugsaktien ohne Stimmrecht (§§ 11, 12 Abs. 1 AktG) und Mehrstimmrechtsaktien (§ 12 Abs. 2 AktG) Anteile i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Dasselbe gilt für Zwischenscheine i.S.v. § 8 Abs. 4 AktG, die das Mitgliedschaftsrecht bis zur Ausgabe der eigentlichen Aktienurkunde verbriefen.[284]

 

Rz. 107

Ob und inwieweit ausländische Rechtsgebilde als Kapitalgesellschaften i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG anzusehen sind, wird, ähnlich wie im Ertragsteuerrecht, anhand eines Typenvergleichs[285] zu bestimmen sein. Maßgeblich dürfte insoweit die zivilrechtliche Einordnung sein; ob die Gesellschaft in ihrem jeweiligen Sitzstaat der Körperschaftsteuer oder einer mit dieser vergleichbaren Ertragsteuer unterliegt oder als transparent behandelt wird,[286] sollte irrelevant sein.[287]

 

Rz. 108

Unterbeteiligungen an Kapitalgesellschaftsanteilen sind nach zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung nicht begünstigt.[288] Dies gilt umso mehr, als hier von Anteilen die Rede ist, die der Erblasser/Schenker unmittelbar hält.[289] Diese Voraussetzung ist im Falle der Unterbeteiligung, auch der atypischen Unterbeteiligung, nicht erfüllt.[290] Denn hier ist der Unterbeteiligte nicht als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft anzusehen, sondern als Gesellschafter einer aus ihm und dem unmittelbar beteiligten Anteilseigner bestehenden GbR.[291] Soweit diese – bei atypischer Ausgestaltung – als Mitunternehmerschaft anzusehen ist, kommt jedoch eine Begünstigung gem. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in Betracht.

 

Rz. 109

Keine unmittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft stellen – aus der Sicht des Treugebers – auch treuhänderische Beteiligungen dar. Daher ist anzunehmen, dass diese nicht unter § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG fallen.[292] Die Finanzverwaltung hatte in der Vergangenheit den Herausgabeanspruch des Treugebers für erbschaftsteuerliche Zwecke nicht mehr dem Treugut selbst gleichgestellt.[293] Mittlerweile ist aber das bayerische Staatsministerium der Finanzen[294] von dieser Haltung abgerückt und stellt nunmehr wieder auf die Qualität des Gegenstandes, auf den sich der Herausgabeanspruch des Treugebers richtet, ab. Demzufolge gelten treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteilig...

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