Rz. 1

Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist die örtliche Zuständigkeit spezialgesetzlich zu regeln. Eine direkte Anwendung der §§ 19, 20 AO kommt nicht in Betracht, da die Besonderheiten bei der Erbschaftsteuer dort nicht hinreichend zum Ausdruck kommen, sondern die Regelungen sich eher an den Anforderungen der laufend zu veranlagenden Steuern orientieren. Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist einerseits bei der Erfüllung der Anzeigepflicht nach §§ 30, 33, 34 ErbStG, andererseits aber auch für die Adressierung der einzureichenden Steuererklärung relevant. Beim unzuständigen Finanzamt eingereichte Anzeigen sind an das zuständige Finanzamt weiterzuleiten. Allerdings treten die Rechtsfolgen der Anzeige erst ein, wenn die Anzeige beim zuständigen Finanzamt eingetroffen ist (z.B. Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 AO bei Anzeigen nach § 30 ErbStG). Vom unzuständigen Finanzamt angeforderte Bedarfswerte (z.B. von der Außenprüfungsstelle) sind zwar rechtswidrig, aber von der Erbschaftsteuerstelle, obwohl diese den Wert nicht angefordert hat, gleichwohl nach § 182 Abs. 1 AO zu berücksichtigen.

 

Rz. 2

Da zu Beginn des Besteuerungsverfahrens die zuständige Erbschaftsteuerstelle die Erklärung anfordert und die Erklärungspflicht nicht von Gesetzes wegen entsteht, obliegt damit in der Regel der Finanzverwaltung neben den Anzeigenden nach §§ 30, 33 und 34 ErbStG die Prüfung der Zuständigkeit. Mit Ausnahme der Durchführung des gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 151 BewG und der nach §§ 13a Abs. 4, 13b Abs. 10 ErbStG gesondert festzustellenden Verschonungsvoraussetzungen ist das in § 35 ErbStG genannte Finanzamt für alle Maßnahmen im Besteuerungsverfahren von der Anforderung der Erklärung bis zur Einspruchsentscheidung zuständig. Sind der Steuer unterliegende Vermögensgegenstände nach § 151 BewG gesondert festzustellen (z.B. Grundvermögen, Betriebsvermögen, Anteile am Betriebsvermögen), so ist die Zuständigkeit der Erbschaftsteuerstelle auf die Anforderung eines Wertes beim nach § 152 BewG zuständigen Finanzamt beschränkt, wenn der Wert für die Besteuerung von Bedeutung ist (§ 151 Abs. 1 S. 2 BewG). Obgleich die Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklärung formal vom für die Feststellung zuständigen Finanzamt ergehen muss, erscheint es sinnvoll und auch zulässig, wenn die Erbschaftsteuerstelle dies übernimmt. Auf der Grundlage der eingereichten Feststellungserklärungen kann sodann entschieden werden, ob ein Feststellungsverfahren eingeleitet werden sollte oder hiervon mangels Bedeutung für die Besteuerung (vgl. § 151 Abs. 1 S. 2 BewG) abgesehen werden sollte. Zur Erzwingung der Abgabe einer Erklärung oder einer sonstigen Mitwirkungshandlung durch die Festsetzung eines Zwangsgeldes ist das nach § 35 ErbStG zuständige Finanzamt nur befugt, soweit es das Besteuerungs-, nicht aber das Feststellungsverfahren betrifft.

§ 35 ErbStG wurde durch den neuen Absatz 4 ergänzt,[1] in dem nunmehr eine ausdrückliche Zuständigkeit für die Erhebung der Erbersatzsteuer geregelt ist.

 

Rz. 3

Der Erlass eines Verwaltungsaktes unter Missachtung der örtlichen Zuständigkeit führt nicht zur Nichtigkeit des Bescheides (§ 125 Abs. 3 Nr. 1 AO). Die Aufhebung im Einspruchsverfahren kann nur dann begehrt werden, wenn die Entscheidung im Ermessen der zur Entscheidung berufenen Behörde liegt. Insoweit mehrere Beteiligte nebeneinander zur Abgabe einer Erklärung aufgefordert werden können und die Erbschaftsteuerstelle ein Auswahlermessen ausübt, führt der Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit zur Rechtswidrigkeit der Aufforderung. Während aber der Verstoß gegen die (sachliche) Zuständigkeit bei der Durchsetzung der Anzeigepflichten nach §§ 30, 33 und 34 ErbStG nicht zur Aufhebung der Aufforderung zur Einreichung der Anzeige führt,[2] führt ein solcher bei der Anforderung eines gesondert festzustellenden Wertes (§ 151 Abs. 1 BewG) sehr wohl zur Rechtswidrigkeit der gesonderten Feststellung.[3] Grund hierfür ist, dass die Anforderung des Wertes als verwaltungsinterner Vorgang zwar noch keine für den Steuerpflichtigen nachteiligen Rechtsfolgen mit sich bringt,[4] aber diese Entscheidung für das Feststellungsfinanzamt (§ 152 BewG) bindende Wirkung hat. Die Frage, wann ein Feststellungsverfahren einzuleiten ist, ist aus der Sicht der zuständigen Erbschaftsteuerstelle (§ 35 ErbStG) zu beurteilen. Obgleich es sich hierbei um ein objektives Tatbestandsmerkmal mit subjektiven Elementen handelt, führt der Verstoß hiergegen zur Aufhebung des Feststellungsbescheides.

Lässt sich der Inhalt aus dem Gesetz ableiten, wie bei der Festsetzung der verwirkten Erbschaftsteuer (gebundene Entscheidung), so kommt die Aufhebung nicht allein wegen eines Verstoßes gegen die örtliche Zuständigkeit in Betracht.

 

Rz. 4

Welches Bundesland Gläubiger der Steuer ist (Art. 107 Abs. 1 GG), richtet sich ebenfalls nach der örtlichen Zuständigkeit. Damit kommt der Feststellung der Zuständigkeit in Ermangelung anderer Verteilungsmechanismen nicht unerhebliche B...

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