Rz. 1

Mit der Vorläufernorm des § 33 ErbStG (§ 59 ErbStG 1919) wurde die möglichst vollständige Erfassung des Erblasservermögens bezweckt. Die Steuergesetzgebung der damaligen Zeit war von dem Bestreben beherrscht, jegliches Verborgenbleiben oder Verstecken von Vermögen unmöglich zu machen.[1] § 33 ErbStG dient heute in erster Linie dazu, der Erbschaftsteuerstelle die Prüfung, ob und wen sie im Einzelfall zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung aufzufordern hat, zu erleichtern.[2] Während die Anzeigepflicht gemäß § 30 ErbStG den Erwerber trifft, ist nach § 33 ErbStG derjenige zur Anzeige verpflichtet, der für den Erblasser zum Zeitpunkt des Todesfalles Vermögen verwahrt hat. Beide Anzeigepflichten stehen unabhängig nebeneinander und sind auch dann zu befolgen, wenn die Verpflichtung nach der jeweils anderen Vorschrift erfüllt worden ist. Im Gegensatz zu der nach § 30 ErbStG vom Beteiligten zu erstattenden Anzeige handelt es sich jedoch bei der nach § 33 ErbStG nicht um eine Anzeige im Sinne des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO.[3]

 

Rz. 2

In neuerer Zeit wird diese Sicht durch die Rechtsprechung dahingehend aufgeweicht, dass der Anlauf der Verjährungsfrist des § 170 Abs. 2 S. 1 AO dann sehr wohl in Betracht kommt, wenn die nach §§ 33, 34 ErbStG eingegangenen Anzeigen ein so vollständiges Bild vom Erwerbsfall zeichnen, dass von einer Verkürzung der Bearbeitungszeit aufgrund einer unvollständigen Anzeige keine Rede sein könne.[4] Aus Sicht der Erbschaftsteuerstelle weist diese Rechtsprechung in eine durchaus bedenkliche Richtung, da ohne Kenntnis vom gesamten angefallenen Vermögen nie abschließend beurteilt werden kann, ob die Anzeigen ein vollständiges Bild zeichnen. Dies aber setzt nach der zitierten Rechtsprechung die Verjährung in Gang, ohne dass ein erkennbares Anzeichen hierfür gesetzt wird. Die Erstattung der Anzeige durch einen Vermögensverwahrer, der am Steuerfall unbeteiligt ist, bringt damit in aller Regel den Lauf der Festsetzungsfrist noch nicht in Gang. Neben der zusätzlichen Kontrollfunktion der Anzeige wird die Erbschaftsteuerstelle in die Lage versetzt abzuschätzen, ob die persönlichen Freibeträge durch den Wert des angezeigten Vermögensgegenstandes überschritten werden und damit eine Steuer festzusetzen ist. Kommt der Erwerber seiner Erklärungspflicht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, kann die Erbschaftsteuerstelle auf der Grundlage der angezeigten Sachverhalte die Besteuerungsgrundlagen sachgerecht schätzen, § 162 AO.

 

Rz. 3

In §§ 13 ErbStDV sind die Anforderungen an die Erfüllung der Anzeigepflicht näher ausgeführt. Dort ist unter anderem geregelt, dass Vermögensverwahrer und Vermögensverwalter ihrer Anzeigepflicht unter Verwendung des Vordruckmusters 1 (§ 1 ErbStDV) und Versicherungsunternehmen mit Vordruckmuster 2 (§ 3 ErbStDV) nachzukommen haben. Die Schriftform für die Anzeige wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften v. 21.8.2002[5] eingeführt. Die Übermittlung in elektronischer Form ist unter Beachtung des § 87a AO zulässig, wobei das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes[6] zu versehen und an die von der zuständigen Erbschaftsteuerstelle aufgegebene E-Mail-Adresse zu versenden ist. Die Anzeigepflicht ist erfüllt, wenn das elektronisch übermittelte Dokument so aufgezeichnet wurde, dass der Empfänger es ohne weiteres zur Kenntnis nehmen kann. Die tatsächliche Kenntnisnahme ist damit für die Erfüllung der Anzeigepflicht nicht erforderlich.

 

Rz. 4

Aktuell wir diskutiert, ob zur Auffindung zum Nachlass gehörender Forderungen gegen Kreditinstitute und zur Reduzierung des mit den Nachforschungen durch potenzielle Erben entstehenden Aufwands ein Register beim Bundesamt der Justiz geschaffen werden soll, in dem die im Zeitpunkt des Versterbens bestehenden Forderungen mitgeteilt werden sollen.[7] In Betracht kommende Rechtsnachfolger können sich so über das Vorhandensein von Nachlassgegenständen informieren, um die Forderungen anzutreten bzw. dies ggf. in einer Erbschaftsteuererklärung zu erklären. Mit Blick auf die unterschiedliche Zielrichtung tritt dieses Vorhaben allerdings nicht an die Stelle, sondern neben die Verpflichtung der Kreditinstitute nach § 33 ErbStG. Dies vor allem deshalb, weil nur Guthaben, zu denen das Kreditinstitut noch keine Erben ermitteln konnte, in das Register aufgenommen werden sollen, während § 33 ErbStG hierzu keine Einschränkungen macht.

[1] Begründung zum ErbStG 1919, Nr. 376 der Drucksachen der verfassungsgebenden Nationalversammlungen v. 16.6.1919.
[3] Niedersächsisches FG v. 8.5.1991 – III 418/88, EFG 1992, 112, vgl. Gohlisch, ZErb 2011, 133.
[5] BGBl I 2002, 3322.
[6] BStBl I 2001, 351.
[7] BR-Drucks 379/20 v. 29.6.2020.

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