Rz. 1

Während die Pflicht zur Anzeige eines der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerbes nach § 30 ErbStG von Gesetzes wegen besteht, ist der Erwerber zur Abgabe der Steuererklärung nur verpflichtet, wenn er von der Erbschaftsteuerstelle zur Abgabe der Erklärung aufgefordert wird. Die Anzeige soll (neben einer Reihe anderer Erkenntnisquellen, wie z.B. die Einkommensteuerakte des Erblassers, Anzeigen nach §§ 33, 34 ErbStG, Gebührenberechnung des Nachlassgerichtes für die Erstellung eines Erbscheins) die Erbschaftsteuerstelle in die Lage versetzen einzuschätzen zu können, ob bei Einleitung eines Besteuerungsverfahrens durch Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung eine Steuerlast entstehen wird. Die beiden Pflichten stehen nebeneinander, so dass trotz Anzeige des Erwerbes, die auch formlos erfolgen kann, eine Steuererklärung angefordert werden kann. Im umgekehrten Fall ist nach Erfüllung der Erklärungspflicht regelmäßig davon auszugehen, dass hierdurch auch die Anzeigepflicht erfüllt worden ist. Die Erbschaftsteuerstelle muss nicht den Eingang der Anzeige abwarten, bevor sie zur Abgabe der Erklärung auffordert. In Fällen, in denen der Wert des steuerpflichtigen Erwerbes (§ 10 ErbStG) die Freibeträge (§ 16 ErbStG) zweifelsfrei überschreitet und damit sicher eine Steuer festzusetzen ist, wird die Erbschaftsteuerstelle zeitnah zu einer ersten Steuerfestsetzung kommen, damit Zinsnachteile zulasten der öffentlichen Hand vermieden werden. Der Gesetzgeber hat sich für eine Erklärungspflicht nach Aufforderung entschieden, um den im Rahmen der Durchführung des Besteuerungsverfahrens beim Erwerber und bei der Verwaltung entstehende Aufwand auf Fälle zu beschränken, in denen eine Steuerfestsetzung in Betracht kommt. Wegen der mitunter sehr hohen Freibeträge führt nur ein sehr geringer Anteil der Fälle zu einer Steuerfestsetzung (abhängig vom Bundesland zwischen 5 % und 25 %).[1] Allerdings fehlt der Erbschaftsteuerstelle nicht schon dann die Befugnis zur Anforderung einer Steuererklärung, wenn im Ergebnis eine Steuer nicht festzusetzen ist. Ermessensfehlgebräuchlich ist die Anforderung nur in Fällen, in denen von vorherein eine Steuerfestsetzung ausgeschlossen ist[2] (z.B. der Nacherbe vor Eintritt der Nacherbfolge bei einer Veräußerung der Nacherbschaft).[3] Dass eine Anzeige gem. § 30 Abs. 3 ErbStG nicht erforderlich ist, ist für die Frage, ob in diesen Fällen eine Steuererklärung eingefordert werden kann, ohne Belang. Zum einen können in der Erklärung höchstpersönliche Wahlrechte ausgeübt werden, die in der Anzeige eines Gerichtes oder eines Notars nach § 34 ErbStG nicht enthalten sein können. Zum anderen wird in diesen Fällen der Zeitpunkt der Erklärungsabgabe über den Beginn der Verjährungsfrist nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO entscheiden.[4]

[1] Kien-Hümbert, in: Moench/Weinmann, ErbStG, § 31 Rn 2.
[3] Viskorf/Schuck, ErbStG, § 31 Rn 7.

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