Rz. 1

In Abschnitt 2 des Erbschaftsteuergesetzes wird die Wertermittlung geregelt.

Die §§ 1012 ErbStG regeln, nach welchen Grundlagen die steuerrechtliche Bereicherung ermittelt wird, die §§ 5, 13,13a, 16, 17 ErbStG regeln die Befreiungstatbestände, § 13c ErbStG den Verschonungsabschlag bei Großerwerben von begünstigtem Vermögen. Während in den §§ 39 ErbStG die Erwerbsvorgänge geregelt sind, erfassen die §§ 1012 ErbStG die Vermögenszuwächse, die durch einen Vermögensanfall oder Vermögensverfügung erfolgen. Diese Bereicherung des Erwerbers stellt die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung dar, sofern sie nicht nach § 10 Abs. 1 ErbStG steuerfrei ist. Die Wertermittlung erfolgt, um die Bemessungsgrundlage des steuerlichen Erwerbs bestimmen zu können.

§ 10 ErbStG definiert den steuerrechtlich maßgeblichen Erwerb, indem die Bereicherung des Erwerbers ermittelt wird im Wege eines Bestandsvergleichs. Durch die Betrachtung, ob der Vermögensbestand sich beim Erwerber durch die Vermögensverschiebung erhöht hat, wird die steuerrechtlich relevante Bereicherung ermittelt. Hingegen wird in § 12 ErbStG definiert, nach welchen Grundlagen sich die eigentliche Bewertung der Vermögensgegenstände, bezogen auf den Bewertungsstichtag, nach § 11 ErbStG vollzieht. Der Erwerb von Todes wegen wird dabei nach § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG dergestalt ermittelt, dass, ausgenommen vom Vorliegen der Voraussetzungen von § 10 Abs. 10 ErbStG, der Wert des Vermögensgegenstandes nach § 12 ErbStG zu ermitteln ist, wobei von diesem Wert dann die abzugsfähigen Verbindlichkeiten nach § 10 Abs. 39 ErbStG mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abgezogen werden. Der so ermittelte Betrag stellt den Besteuerungswert dar. Es wird folglich beim Erwerber nur der Vermögenszuwachs besteuert, der netto erfolgt ist.

 

Rz. 2

Die lebzeitige Zuwendung ist hinsichtlich der Wertermittlung nicht in § 10 Abs. 1 ErbStG entsprechend ausformuliert. Die entscheidende Frage ist dabei, ob bei lebzeitigen Zuwendungen auch eine Saldierung der Verbindlichkeiten erfolgen kann. Das Erbschaftsteuergesetz weicht darin von der zivilrechtlichen Regelung des § 1967 BGB ab. In § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG spricht das Gesetz von Schulden und Lasten. Dazu können also auch Lasten zählen, die aus sittlichen Verpflichtungen heraus zu begleichen sind.[1] Jedoch ist § 10 Abs. 6 S. 3 ErbStG zu beachten, wonach Schulden und Lasten nicht abzugsfähig sind, soweit die Vermögensgegenstände, mit denen diese in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, steuerbefreit sind. Nach den durch das JStG 2020[2] eingefügten Sätzen 5 ff. gilt nun auch ein anteiliges Abzugsverbot für allgemeine Schulden und Lasten (also ohne wirtschaftlichen Zusammenhang mit bestimmten Erwerbsgegenständen) mit Ausnahme der Pauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG. Diese Gesetzesänderung ist beachtlich, da sie zum einen weitere Abzugsbeschränkungen mit sich bringt und zum anderen auch einen erheblichen Bearbeitungs-Mehraufwand, um den Umfang dieser Abzugsbeschränkungen zu ermitteln.

Für die Steuerwertermittlung ist zu beachten, dass die steuerfrei bleibenden Vermögenswerte (§§ 5, 13, 13a, 13d, 16 und 17 ErbStG) ausgenommen werden. Bei der Ermittlung der Verkehrswerte hat jedoch eine Berücksichtigung der steuerfreien Vermögensgegenstände zu erfolgen. Die Ermittlung der Bereicherung hat so zu erfolgen, dass zunächst die Vermögensgegenstände aus der Bewertung herausgenommen werden, die steuerfrei übergegangen sind, anschließend hat eine Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Freibeträge zu erfolgen, dies ergibt dann den steuerbaren Vermögenszuwachsbetrag nach § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Zu berücksichtigen ist, dass Schulden und Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Gegenständen stehen, die steuerfrei erworben werden, nach § 10 Abs. 6 ErbStG nicht abzugsfähig sind. Schulden und Lasten, die mit teilweise befreiten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem steuerpflichtigen Teil entspricht. Nach § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG sind Schulden und Lasten, die mit nach § 13a ErbStG befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Wertes dieses Vermögens zu dem Wert vor der Anwendung des § 13a ErbStG entspricht. Schulden und Lasten, die mit nach § 13c ErbStG befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13d ErbStG anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung des § 13d ErbStG entspricht. Zu berücksichtigen ist nach § 10 Abs. 6 S. 6 ErbStG, dass Nutzungsrechte, die sich als Grundstücksbelastungen bereits bei der Ermittlung des gemeinen Werts der wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes ausgewirkt haben, bei der Erbschaftsteuer nicht mehr in Abzug gebracht werden dürfen.

 

Rz. 3

In § 10 Abs. 1 ErbStG wird nur der Erwerb von Todes wegen erwähnt. Gleichwohl i...

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