Rz. 25

Nach dem ErbStG 2009 (und früher) kam eine Stundung nur in Betracht, soweit dies zur Erhaltung eines (gewerblichen) Betriebs oder eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft notwendig war. Wesentlich war insoweit, dass Betriebsvermögen bzw. land- und forstwirtschaftliches Vermögen (nicht Kapitalgesellschaftsanteile) "zum Erwerb" gehörten. Es war also nicht erforderlich, dass der Erwerb ausschließlich aus solchem Vermögen bestand. Das der Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit (§ 18 EStG) dienende Vermögen war dem gewerblichen Betriebsvermögen gleichgestellt (§ 96 BewG). Dasselbe galt im Ergebnis auch für Anteile an einer gewerblichen bzw. freiberuflich tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmeranteile i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 bzw. § 18 Abs. 4 EStG).[59] Vor diesem Hintergrund gehörte zum Betriebsvermögen auch das Sonderbetriebsvermögen eines Personengesellschafters.

 

Rz. 26

Nicht begünstigungsfähig waren hingegen Anteile an Kapitalgesellschaften, und zwar unabhängig vom Umfang der übergehenden Beteiligung und von der Frage, ob es sich um eine Familien- oder gar eine Einmann-Kapitalgesellschaft handelte.[60] Nach Auffassung der Finanzverwaltung kam aber beim Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ggf. eine Stundung nach den allgemeinen Grundsätzen (§ 222 AO) in Betracht.[61]

 

Rz. 27

Ein Anspruch auf Stundung bestand im Übrigen nur, wenn bzw. soweit die Stundung zur Erhaltung des Betriebs notwendig war. Diese – durchaus streitanfällige[62] – Voraussetzung war nur dann erfüllt, wenn (allein) die sofortige Begleichung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer das weitere Bestehen des Betriebs gefährden bzw. seine Veräußerung erforderlich machen würde, also wenn der Betrieb ganz oder teilweise liquidiert oder wenigstens teilweise in seinem bisherigen Bestand bzw. seiner operativen Tätigkeit stark eingeschränkt werden musste.[63] Keine Existenzgefährdung und somit eine zumutbare Maßnahme stellte hingegen die Veräußerung einzelner nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen dar, wenn mit dieser keine Nachversteuerung nach § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. verbunden war.

 

Rz. 28

Ungeachtet der Vermögensverhältnisse im Übrigen ging die Finanzverwaltung außerdem davon aus, dass eine die Stundung rechtfertigende Existenzgefährdung des Betriebs nur dann vorliegen könne, wenn sie allein durch die Erbschaftsteuer verursacht sei. Im Rahmen der Prüfung einer Existenzgefährdung i.S.v. § 28 ErbStG wird also – theoretisch – unterstellt, außer der Erbschaftsteuer und etwa vorhandenen Betriebsschulden bestünden keine weiteren Nachlassverbindlichkeiten.[64] Vor diesem Hintergrund ließ die Finanzverwaltung insb. die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und/oder Pflichtteilsansprüchen nicht zu.[65]

[59] Vgl. R E 28 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2011.
[60] R E 28 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2011; vgl. zur berechtigten Kritik: Hübner/Tremel, S. 458; Stobbe/Brüninghaus, BB 1988, 1611, 1612.
[61] R E 28 Abs. 4 S. 7 und 8 ErbStR 2011; in diesem Fall besteht jedoch kein Stundungsanspruch.
[62] Vgl. Sosnitza, UVR 1992, 342, 348; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 28 Rn 11.
[64] R E 28 Abs. 4 S. 6 ErbStR 2011.
[65] R E 28 Abs. 4 S. 7 ErbStR 2011; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 28 Rn 11.

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