Rz. 83

Das "Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen" zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland wurde am 12.10.2006 geschlossen.[175] Ihm wurde ein begleitendes Protokoll, das gem. Art. 18 DBA Abkommensbestandteil ist, beigegeben.[176] Mit Gesetz vom 26.2.2009 hat auch Frankreich dem DBA zugestimmt.[177] Das DBA ist am 27.2.2009 in Kraft getreten.[178] Damit verlor gleichzeitig auch das Saarland seinen erbschaftsteuerrechtlichen Sonderstatus, denn das jetzt geltende DBA löst auch die die Erbschaftsteuer betreffenden Regelungen des Saarvertrages vom 27.10.1956[179] ab. Eine rückwirkende Anwendung auf Erbfälle/Schenkungen vor dem 3.4.2009 kommt nicht in Betracht.[180]

[175] Der Wortlaut des aktuellen DBA Frankreich ist im Internet zu finden unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Internationales_Steuerrecht/Staatenbezogene_Informationen/Laender_A_Z/Frankreich/2007–09–18-Frankreich-Abkommen-DBA-Erbschaftsteuern-Gesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=3.
[176] Wegen des deutschen Zustimmungsgesetzes v. 11.9.2007 vgl. BGBl II 2007, 1402.
[177] Vgl. Gottschalk, ZEV 2009, 185.
[178] BGBl II 2009, 596; BStBl I 2009, 1258.
[179] BGBl II 1956, 1587.

a) Erbschaftbesteuerung in Frankreich

 

Rz. 84

Ebenso wie Deutschland erhebt Frankreich eine Erbanfall- und Schenkungsteuer, die als Bereicherungssteuer den Erwerb des einzelnen Empfängers erfasst.[181] Der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen alle Erwerbe von in Frankreich ansässigen Erblassern oder Schenkern. Zusätzlich kann die unbeschränkte Steuerpflicht sich aber auch daraus ergeben, dass der Erwerber in den letzten zehn Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt wenigstens während sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz in Frankreich hatte.[182] Soweit nur beschränkte Steuerpflicht besteht, umfasst diese sämtliches in Frankreich belegenes Vermögen, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um unbewegliches oder bewegliches Vermögen handelt, um körperliche Gegenstände oder Forderungen (insb. Bankguthaben). Schließlich kennt das französische Recht für französischen Grundbesitz haltende Gesellschaften eine Transparenzfiktion, der zufolge auch der Übergang von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften der französischen beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegen kann, wenn das Vermögen dieser Gesellschaften zu mehr als 50 % in französischem Grundbesitz besteht.[183] Die Besteuerung in Frankreich beschränkt sich dann allerdings auf den anteiligen Wert dieses Grundbesitzes.[184]

[181] Kau, UVR 2001, 411; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 21 Rn 100 m.w.N.
[182] Jülicher, IStR 2007, 85; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 21 Rn 100.
[183] Vgl. Jülicher, IStR 2007, 85.
[184] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 2 Rn 283.

b) Inhalt des Abkommens

aa) Anwendungsbereich und Wohnsitzbegriff

 

Rz. 85

In persönlicher Hinsicht knüpft das DBA Deutschland/Frankreich ausschließlich an die Ansässigkeit des Erblassers/Schenkers an. Hatte er im Zeitpunkt seines Todes bzw. bei Ausführung der Schenkung einen Wohnsitz in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten, ist die Anwendung des DBA eröffnet.[185] Ergibt sich die unbeschränkte Steuerpflicht in einem oder beiden Vertragsstaaten hingegen aus der dortigen Ansässigkeit des Erwerbers, reicht dies nicht aus, um in den Genuss des Abkommensschutzes zu kommen.

 

Rz. 86

Den sachlichen Anwendungsbereich definiert Art. 2 Abs. 1–3 DBA mit Nachlass- und Erbschaftsteuern sowie Schenkungsteuern, die von einem der Vertragsstaaten oder seinen Gebietskörperschaften erhoben werden. Aktuell sind dies die jeweiligen Erbschaft- und Schenkungsteuern. Das Abkommen gilt gem. Art. 2 Abs. 4 DBA aber auch für etwa zukünftig eingeführte Steuern gleicher Art, nicht aber für Wertzuwachssteuern.[186] Aus diesem Grunde fällt beispielsweise auch die bei der Schenkung einer wesentlichen Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft an einen nicht gebietsansässigen Ausländer eintretende Gewinnrealisierung nach § 6 Abs. 3 AStG nicht unter den Anwendungsbereich des Abkommens.[187] Da das französische Erbschaftsteuerrecht eine dem § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG inhaltlich entsprechende "Ersatzerbschaftsteuer" nicht kennt, ist diese vom Anwendungsbereich des Abkommens explizit ausgeschlossen.[188]

 

Rz. 87

Räumlich gilt das Abkommen im jeweiligen Staatsgebiet der beiden Vertragsstaaten. Dieses umfasst im Falle Frankreichs auch die überseeischen Departements, Art. 3 Abs. 1b) DBA. Soweit das DBA selbst bestimmte im Abkommen verwendete Begriffe nicht definiert, gelten gem. Art. 3 Abs. 2 DBA die Definitionen nach innerstaatlichem Recht, wobei nach der Nr. 1 des begleitenden Protokolls steuerrechtliche Begriffsbestimmungen vorrangig vor denen aus anderen Rechtsgebieten anzuwenden sind.[189]

 

Rz. 88

Gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 DBA hat eine Person ihren "Wohnsitz in einem Vertragsstaat", wenn sie dort aufgrund ihr...

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