Rz. 4

Ist Erwerber ein Ehegatte des Erblassers/Schenkers, gehört er zur Steuerklasse I. Ob im Besteuerungszeitpunkt eine Ehe rechtlich besteht/bestand, richtet sich nach dem Zivilrecht, ggf. nach internationalem Privatrecht. Durch aufschiebend bedingte Schenkung kann z.B. der Besteuerungszeitpunkt auf den Tag der Eheschließung gelegt und damit die Steuerklasse I erreicht werden. Ehegatten einer für nichtig erklärten Ehe fallen in die Steuerklasse III.[4] Hat sich ein Ehepartner nach der Scheidung mit dem Erblasser wieder versöhnt und mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, ist dessen Erwerb dennoch nach Steuerklasse III des § 15 Abs. 1 ErbStG zu besteuern. Die Freibeträge nach §§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und 17 Abs. 1 ErbStG sind nicht zu gewähren.[5]

Lebenspartner im Sinne einer eingetragenen Lebenspartnerschaft[6] sind in Steuerklasse I aufgenommen worden.[7] Auch im Übrigen gelten dieselben Freibeträge, Freistellungen usw. wie bei Ehegatten. Nach der Entscheidung des BVerfG v. 21.7.2010[8] war die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Dies gilt für den persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG a.F. ebenso wie für den Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG a.F. und den Steuersatz nach § 19 ErbStG a.F. Zur rückwirkenden Anwendung der §§ 1517 ErbStG für Lebenspartner auf Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31.7.2001 entstanden ist, siehe § 37 Abs. 5 ErbStG.

Verlobte und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gehören nicht – auch nicht aus Billigkeitsgründen – in die Steuerklasse I.

 

Rz. 5

Ist der Erwerber ein Kind oder Stiefkind des Erblassers oder Schenkers, gehört der Erwerber in Steuerklasse I. Kinder sind Abkömmlinge ersten Grades bzw. adoptierte Kinder. Generell richtet sich die Stellung als Kind/Adoptivkind nach dem Zivilrecht (§§ 1591 ff. BGB). Die biologische Abstammung allein führt nicht zur rechtlichen Vaterschaft; es muss auch die rechtliche Vaterschaft vorliegen.[9] Daher gehören Pflegekinder, sonst aufgenommene Kinder u. dgl. nicht zur Steuerklasse I. Beispiel: Ehepaar nimmt das Kind der verstorbenen Schwester der Ehefrau auf und zieht es mit den eigenen Kindern groß. In vergleichbaren Fällen ist erbrechtlich und erbschaftsteuerlich an eine Adoption zu denken. Nichteheliche Kinder haben die Stellung als Kind zu ihrem Vater erst dann, wenn die Vaterschaft anerkannt oder festgestellt worden ist (§ 1592 BGB). Bei einer "Leihmutterschaft" fallen Erwerbe durch ein Kind, das die Leihmutter geboren hat, unter Steuerklasse I.[10] In der Regel adoptiert die Frau (und deren Mann/Frau), die die Leihmutterschaft in Anspruch genommen hat, das betreffende Kind, so dass Erwerbe von dieser "Mutter" auch unter Steuerklasse I fallen.

Ausnahme: Nach dem ErbStG werden Stiefkinder des Erblassers/Schenkers wie leibliche Kinder behandelt. Bringt der andere Ehegatte ein Stiefkind mit in die Ehe, d.h. sind beide Elternteile nicht die leiblichen Eltern, könnte das Kinder allenfalls Stiefkind des mitbringenden Elternteils sein, ansonsten müssten Erwerbe mangels von diesen Stiefeltern besonderer Regelung der Steuerklasse III zugeordnet werden. Zur Steuerklasse I gehören Stiefkinder, wenn sie im Verhältnis zum Erblasser/Schenker ein Stiefkind sind.[11] Ein besonderes Recht des Stiefkinds kennt das BGB nicht.[12] Landläufig versteht man unter Stiefkind das leibliche bzw. angenommene Kind eines Elternteils, z.B. ist das nichteheliche Kind des Ehemannes im Verhältnis zu dessen Ehefrau Stiefkind, ebenso das von der Ehefrau an Kindes Statt angenommene Kind im Verhältnis zum Ehemann. Bei eingetragener Lebenspartnerschaft kann das Kind Stiefkind eines Lebenspartners sein. Nach § 1590 Abs. 2 BGB geht diese Verschwägerung aber nicht wieder unter, wenn die Ehe mit dem Stiefelternteil aufgelöst wird (sei es durch Tod oder Scheidung). Im Erbschaftsteuerrecht ist es nach der Rechtsprechung entsprechend den für die Erbschaftsteuerbelastung maßgebenden (vom Gesetzgeber unterstellten) Beziehungen unerheblich, ob die Ehe zur Zeit des Erwerbsvorganges noch besteht oder infolge Tod oder Scheidung beendet ist. Dementsprechend hat es der BFH[13] als unschädlich angesehen, dass bei dem Eintritt des Erbfalles der Ehepartner, von dem das erbende Stiefkind abstammte, schon vorher gestorben war. Dadurch werden den Beteiligten aufwändige Prüfungen, z.B. ob das Stiefkind am Stichtag im gemeinschaftlichen Haushalt lebt, ob es wie ein leibliches Kind aufgezogen wurde usw., erspart. In Konsequenz nach der Rechtsprechung erneut entsteht ein weiteres Stiefkindschaftsverhältnis, wenn der Stiefelternteil nach Auflösung der Ehe wieder heiratet; das alte bleibt ja bestehen. Es ist daher möglich, dass bei mehrfachen Verheiratungen zu mehreren Vätern oder Müttern Stiefkindschaftsverhältnisse entstehen und nicht mehr enden.[14] Da die Stiefkinder nicht gesetzliche Erben des Stiefelternteils werden, kommt die Beg...

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