Rz. 14

Ein Verschonungsbedarf besteht nach § 28a Abs. 1 S. 1 ErbStG, soweit der Erwerber nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die auf das prinzipiell begünstigte Vermögen entfallende Steuer aus seinem "verfügbaren Vermögen" zu begleichen.

Der Begriff des verfügbaren Vermögens ist insoweit irreführend, als er eine Bezugnahme auf die reale finanzielle Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen suggeriert. Diese findet jedoch gar nicht statt. Ob und in welchem Umfang tatsächliche Verfügungen möglich sind, spielt für den gesetzlich unterstellten Verschonungsbedarf keine Rolle.[27] Das verfügbare Vermögen im Sinne des Gesetzes ist also eine rein theoretische Kategorie.[28]

 

Rz. 15

Als verfügbares Vermögen in diesem Sinne definiert § 28a Abs. 2 ErbStG 50 % der Summe der gemeinen Werte des im Rahmen der zu beurteilenden Zuwendung erworbenen nicht begünstigten Vermögens sowie des dem Erwerber im Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 9 ErbStG) bereits gehörenden Vermögens (soweit es sich hierbei nicht um Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG handelt).

Das verfügbare Vermögen setzt sich also stets aus zwei Komponenten zusammen: zum einen aus dem im Eigentum des Steuerpflichtigen bereits vor der zu beurteilenden Zuwendung vorhandenen Vermögen und zum anderen aus dem im Rahmen der zu beurteilenden Zuwendung erworbenen Vermögen. In beiden Fällen ist die jeweilige Zusammensetzung dieses Vermögens qualitativ zu analysieren. Begünstigtes Produktivvermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG ist auszuscheiden; es gehört unter keinem Gesichtspunkt zum verfügbaren Vermögen. Die übrigen Vermögensteile – also (nicht unschädliches) Verwaltungsvermögen, junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel – gehen demgegenüber in das verfügbare Vermögen ein; ihr Wert wird in Höhe von 50 % als "verfügbar" i.S.v. § 28a ErbStG angesehen.

 

Rz. 16

Dabei ist auch zu beachten, dass etwa mitübertragenes schädliches Verwaltungsvermögen, das bei der Bestimmung des begünstigten Vermögens nach § 13b Abs. 2 ErbStG auszuscheiden ist, ebenfalls in das verfügbare Vermögen einfließt. Gleiches gilt auch für entsprechende Vermögensteile, die im Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits im Vermögen des Erwerbers vorhanden sind bzw. waren.[29]

[27] R E 28a.2 Abs. 2 S. 9 ErbStR 2019; Stalleiken, in: v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 28a Rn 26; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 28a Rn 7; Eisele, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 28a Rn 8.
[28] Sog. typisierende Betrachtung, vgl. BT-Drucks 18/5923, 32 ff.
[29] Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks 18/5923, 337; R E 28a.2 Abs. 1 S. 5 ErbStR 2019.

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