Gesetzestext

 

Die Vorteile, welche sich aus dem Wegfall eines Vermächtnisses oder einer Auflage oder aus der Ausgleichungspflicht eines Miterben ergeben, gebühren dem Käufer.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Normzweck ist, dass der Verkäufer einer Erbschaft dem Käufer dasjenige zu gewähren hat, was dieser hätte, wenn er anstelle des Verkäufers Erbe geworden wäre. Dieser Grundsatz sollte ursprünglich in das Gesetz aufgenommen werden.[1] Zur Vermeidung von Missverständnissen unterblieb dies, nicht jedoch, weil sich an diesem Prinzip etwas ändern sollte. Die Vorteile, die sich aus dem Wegfall eines Vermächtnisses (§§ 2160 ff. BGB), einer Auflage (§ 2196 BGB) oder einer Ausgleichungspflicht eines anderen Miterben (§§ 2050 ff. BGB) ergeben, sollen dem Käufer als Ausgleich für die ihn nach § 2382 BGB treffende Haftung zugutekommen.[2]

 

Rz. 2

§ 2372 BGB will den Erbschaftskäufer wirtschaftlich und schuldrechtlich so stellen, als wenn er Erbe geworden wäre. Folgerichtig ist § 2372 BGB auch anwendbar bei Wegfall von Pflichtteilslasten,[3] Teilungsanordnungen,[4] Wegfall eines Nacherbenrechts,[5] einer Vorerbschaft,[6] einer Testamentsvollstreckung[7] oder bei Wegfall eines vermeintlichen Pflichtteilsanspruchs.[8]

 

Rz. 3

Die Vorschrift des § 2372 BGB ist dispositiver Natur,[9] so dass abweichende Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien zulässig und möglich sind. Sie können auch konkludent getroffen werden und können aus der Höhe des Kaufpreises oder aus einer von den Parteien erwarteten Veränderung nach Vertragsabschluss geschlossen werden.[10]

[1] Vgl. Prot. II, S. 112 f.
[2] Staudinger/Olshausen, § 2372 Rn 2; Bamberger/Roth/Mayer, § 2371 Rn 1; MüKo/Musielak, § 2372 Rn 1.
[3] Vgl. Bamberger/Roth/Mayer, § 2372 Rn 1.
[4] Bamberger/Roth/Mayer, § 2372 Rn 1; MüKo/Musielak, § 2372 Rn 4.
[5] MüKo/Musielak, § 2372 Rn 4; Lange/Kuchinke, § 45 III Fn 51; Zarnekow, MittRhNotK 1969, 620, 627; Staudinger/Olshausen, § 2372 Rn 5.
[6] Lange/Kuchinke, § 45 III Fn 51.
[7] Lange/Kuchinke, § 45 III Fn 51; MüKo/Musielak, § 2372 Rn 4; Bamberger/Roth/Mayer, § 2372 Rn 1.
[8] Staudinger/Olshausen, § 2372 Rn 8; Soergel/Zimmermann, § 2372 Rn 1; (Palandt/Weidlich, § 2372 Rn 1, wonach § 2372 BGB dahingehend zu erweitern ist, dass alles, wofür der Verkäufer gem. § 2376 BGB Gewähr zu leisten hat, bei einem Wegfall dem Käufer zugutekommen soll).
[9] Soergel/Zimmermann, § 2372 Rn 1; Bamberger/Roth/Mayer, Vor § 2371 Rn 15; Staudinger/Olshausen, § 2372 Rn 1, 9.
[10] Staudinger/Olshausen, § 2372 Rn 9; MüKo/Musielak, § 2372 Rn 5; Erman/Schlüter, § 2372 Rn 1.

B. Wegfall von Vermächtnissen

 

Rz. 4

Durch den Wegfall eines Vermächtnisses (Gründe können sich ergeben aus §§ 2163, 2169 Abs. 1, 2171, 2172, 2345 Abs. 1, 2362 BGB) erfährt die Erbschaft einen unmittelbaren, bei einem Verschaffungsvermächtnis (§ 2170 BGB) einen mittelbaren Vermögenszuwachs. Dieser Vorteil steht nach § 2372 BGB dem Käufer zu. Das gleiche gilt bei einem Wegfall der Leistungspflicht aus einer Auflage. Vorteile aus dem Wegfall einer Ausgleichungspflicht können nur beim Kauf eines Erbteils in Betracht kommen.[11] Vorteile aus dem Wegfall eines Vermächtnisses oder einer Auflage stehen dem Käufer nur dann zu, wenn diese nach Abschluss des schuldrechtlichen Erbschaftskaufs eingetreten sind.[12] Der Wegfall von Vermächtnissen und Auflagen vor Vertragsabschluss berechtigt den Käufer unter den Voraussetzungen des § 119 Abs. 2 BGB zur Anfechtung des Vertrages.[13] Demgegenüber führt der Wegfall eines Vermächtnisses oder einer Auflage nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages zur Anwendung des § 2372 BGB.

[11] MüKo/Musielak, § 2372 Rn 3; Staudinger/Olshausen, § 2372 Rn 6; Bamberger/Roth/Mayer, § 2372 Rn 1.
[12] Soergel/Zimmermann, § 2372 Rn 1 nimmt dies auch bei Wegfall der Ausgleichungspflicht eines Miterben an.
[13] Falschberechnung des Kaufpreises wegen Irrtums über wertbildende Faktoren; Erman/Schlüter, § 2371 Rn 1; Staudinger/Olshausen, § 2372 Rn 7; Palandt/Weidlich, § 2372 Rn 1; MüKo/Musielak, § 2372 Rn 2; Bamberger/Roth/Mayer, § 2372 Rn 1.

C. Wegfall einer Ausgleichungspflicht

 

Rz. 5

Der Käufer wird bei der Durchführung der Ausgleichung so behandelt, als ob er Miterbe wäre, obwohl er dies erbrechtlich nicht ist. Der Verkäufer haftet dem Käufer nach § 2376 BGB dafür, dass der Erbteil nicht durch Ausgleichungspflichten des Verkäufers gemindert wird. Bei Wegfall einer Ausgleichungspflicht ist davon auszugehen, dass die von einem Miterben zur Ausgleichung zu bringenden Beträge Vorempfänge aus der Erbschaft sind und deshalb dem Käufer des Erbteils zugutekommen müssen. Deshalb spielt es keine Rolle, ob der Wegfall der Ausgleichungspflicht vor oder nach Abschluss des Kaufvertrages erfolgt.[14]

[14] MüKo/Musielak, § 2372 Rn 3; Bamberger/Roth/Mayer, § 2372 Rn 1.

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