Rz. 8

Es ist umstritten, ob ein Erbverzicht nur ausdrücklich oder auch stillschweigend erklärt werden kann. Eine stillschweigende Erklärung kommt im Rahmen eines notariellen gemeinschaftlichen Testaments oder bei einem Erbvertrag in Betracht. Zudem können Erklärungen in Erbverträgen als Pflichtteilsverzicht auszulegen sein, wie die, dass der Pflichtteilsberechtigte durch eine Zahlung aus dem "elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden" sei.[10]

 

Rz. 9

Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein stillschweigender Erbverzicht möglich.[11] Zumindest das OLG Düsseldorf hat sich dem BGH angeschlossen.[12] Zum Teil wird eher eine Auslegung erwogen.[13]

Der überwiegende Teil der Literatur lehnt einen stillschweigenden Erbverzicht ab.[14] Nach hier vertretener Ansicht kann ein stillschweigender Erbverzicht im Einzelfall durch Auslegung einer anderen Vereinbarung entnommen werden.[15] Die entsprechende Erklärung des Verzichtenden kann aber nur unterstellt werden, wenn dieser wusste, dass er damit nicht nur auf eine mögliche erbrechtliche Zuwendung verzichtet, sondern auch auf eine gesetzlich besonders gesicherte Teilhabe. So ist der vollständige Entfall jeglicher Erbrechte durch eine Wiederverheiratungsklausel eine unzulässige Beeinträchtigung und auf den Pflichtteil zu beschränken.[16] Problematisch sind auch die in Patchworkkonstellationen zunehmend zu findenden Verfügungen von Ehegatten in einem gemeinschaftlichen – handschriftlichen – Testament, welche jeweils die alleinig eigenen Kinder als Erben einsetzen. Es mangelt schon an der Form, um darin einen wirksamen Verzicht auf den Pflichtteil des Ehegatten zu sehen, auch wenn dies der gemeinsame Wille war.

[10] OLG Hamm – 15 W 92/14, DNotI-Report 2015, 14.
[11] BGHZ 22, 364 (zum Erbvertrag); BGH NJW 1977, 1728 (zum gemeinschaftlichen Testament); BGH – IV ZR 54/13, NJW 2014, 782, 783 (zum Prozessvergleich).
[12] OLG Düsseldorf MittBayNot 1999, 574.
[13] BayObLG MDR 1981, 673; zurückhaltend: OLG Hamm FamRZ 1996, 1176.
[14] Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 13–15 m.w.N.
[15] Vgl. auch Keim, ZEV 2001, 1, 4.
[16] OLG Saarbrücken – 5 U 19/13, FD-ErbR 2015, 368526 m. zutr. Anm. Litzenburger.

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