Gesetzestext

 

(1)Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt.

(2)Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Eintritt des Erbfalls erfolgt.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmung ist entsprechend dem § 1953 Abs. 1 u. 2 BGB gefasst (Wirkung der Ausschlagung). Es wird mit einer Fiktion geregelt, wie sich die Erbunwürdigkeit auf die Erbenstellung des Unwürdigen (Abs. 1) und auf die Nächstberufenen (Abs. 2) sowie indirekt auf weitere Betroffene, wie Pflichtteilberechtigte und Gläubiger, auswirkt.

B. Wegfall des Erbunwürdigen (Abs. 1)

 

Rz. 2

Die mit rechtskräftigem Urteil ausgesprochene Erbunwürdigkeit wirkt auf den Erbfall zurück. Dies gilt auch, wenn die Tat (z.B. Fälschung des Testaments) nach dem Eintritt des Erbfalls begangen wurde. Der Anfall der Erbschaft an den Ausscheidenden gilt als nicht erfolgt und der Unwürdige scheidet rückwirkend aus der Erbfolge aus.

C. Anfall an Nächstberufenen (Abs. 2 Hs. 1)

 

Rz. 3

Der Anfall an den Nächstberufenen erfolgt unabhängig davon, wer die Anfechtungsklage betrieben hat. Es kann also auch eine andere Person als der Kläger neuer Erbe werden. Der Nächstberufene wird nach den Vorschriften der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge ermittelt, wobei fingiert wird, dass der Unwürdige zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr lebte.

I. Gewillkürte Erbfolge

 

Rz. 4

Bei gewillkürter Erbfolge kommt zunächst ein Ersatzerbe (§§ 2096, 2097, 2102 BGB) zum Zuge. Ist der erbunwürdige testamentarische Erbe ein Abkömmling des Erblassers, treten gem. § 2069 BGB im Zweifel seine Abkömmlinge als Ersatzerben an seine Stelle, soweit sie bei gesetzlicher Erbfolge nach dem Erblasser nachrücken würden.[1] Dem steht nicht entgegen, dass der Unwürdige seine Abkömmlinge wiederum beerben kann. Tritt kein Ersatzerbe an die Stelle des Unwürdigen und sind mehrere Miterben berufen, wächst bei gewillkürter Erbfolge der Erbteil des Unwürdigen den übrigen Miterben an (§ 2094 BGB) oder erhöht den gesetzlichen Erbteil zugunsten der übrigen Miterben (§ 1935 BGB).

II. Gesetzliche Erbfolge

 

Rz. 5

Ohne eine Verfügung von Todes wegen sind bei gesetzlicher Erbfolge diejenigen berufen, die bisher durch den Unwürdigen ausgeschlossen waren, also auch die Abkömmlinge des Unwürdigen.[2] Wer allerdings gem. §§ 2346 ff. BGB auf sein Erbrecht verzichtet hatte, wird grundsätzlich nicht wieder erbberechtigt, wenn der Erbe durch gerichtliche Entscheidung für erbunwürdig erklärt wird.

 

Rz. 6

Umstritten ist jedoch die Wirkung des Erbverzichts, der zugunsten eines erbunwürdigen Dritten erfolgte. Wurde der Verzicht zugunsten eines Dritten erklärt, so ist im Zweifel gem. § 2350 BGB anzunehmen, dass der Verzicht nur für den Fall gelten soll, dass dieser auch Erbe wird. Daher ist davon auszugehen, dass der Verzichtende hier seine erbrechtliche Position zurückerlangt, wenn der Dritte, zu dessen Gunsten er verzichtet hat, für erbunwürdig erklärt wird.[3] Ist der Verzichtende durch letztwillige Verfügung vom Erbe ausgeschlossen, lebt in diesem Fall zumindest sein Pflichtteilsrecht wieder auf, wenn ihm dieses im Erbverzichtsvertrag nicht ohnehin vorbehalten war. Nach a.A. soll durch die Erbunwürdigkeitserklärung desjenigen, dem der Erbverzicht zugutegekommen war, die Erb- oder Pflichtteilsberechtigung des Verzichtenden nicht wieder aufleben.[4]

[3] Soergel/Damrau, § 2341 Rn 1.
[4] Ohne nähere Begründung: Staudinger/Olshausen, § 2344 Rn 17.

III. Nacherbfolge

 

Rz. 7

Auch für den unwürdigen Nacherben gilt die Fiktion, dass er den Erbfall nicht erlebt habe. Daher geht das Nacherbenrecht nicht auf seine Erben über.[5] Wurde der Nacherbe vor dem Eintritt der Nacherbfolge durch rechtskräftiges Urteil für erbunwürdig erklärt, so unterbleibt ihm gegenüber der Anfall der Erbschaft gem. § 2342 Abs. 2 BGB überhaupt. Damit ist § 2108 Abs. 2 BGB unanwendbar, setzt dieser doch voraus, dass zwar der Erbfall, nicht aber der Nacherbfall eingetreten ist. Wird der Nacherbe erst nach Eintritt des Nacherbfalles für erbunwürdig erklärt, wird der Anfall ex tunc rückgängig gemacht. Auch hier wird der Vorerbe zum Vollerben und der Nacherbe so behandelt, als sei er vor dem Erblasser gestorben.

[5] MüKo/Helms, § 2344 Rn 1; Staudinger/Olshausen, § 2344 Rn 16.

D. Folgen des Erbenwechsels (Abs. 2 Hs. 2)

I. Auswirkungen auf Dritte

 

Rz. 8

Bei der Berechnung des Pflichtteils wird der Erbunwürdige mitgezählt (§ 2310 S. 1 BGB). Der Erbunwürdige haftet weiter Gläubigern gegenüber für Nachlasserben- und Nachlasseigenschulden, die in seiner Person entstanden sind, aber nicht mehr für andere Nachlassverbindlichkeiten, selbst wenn er schon unbeschränkbar haftete.[6]

[6] Staudinger/Olshausen, § 2344 Rn 8.

II. Rechtsverhältnis zwischen Unwürdigem und Erben

 

Rz. 9

Der Unwürdige haftet gegenüber dem durch seinen Wegfall an seiner Stelle berufenen Erben nach den Vorschriften der §§ 2018 ff. BGB. Der Erbunwürdige kennt aufgrund der begangenen vorsätzlichen Verfehlung regelmäßig auch die Anfechtbarkeit seines Erbschaftserwerbes. Dann haftet er als bösgläubiger Erbschaftsbesitzer auch auf Schadensersatz entweder...

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