Rz. 19

Zuwendungen des Erblassers an Pflichtteilsberechtigte können ausgleichungspflichtig sein und sich gleichzeitig als Schenkung erweisen, z.B. Übermaßausstattungen nach § 2050 Abs. 3 BGB. Soweit eine ausgleichungspflichtige Schenkung bereits bei der Berechnung des ordentlichen Pflichtteils gem. § 2316 BGB "verbraucht wurde", unterliegt sie nicht mehr der Pflichtteilsergänzung.[40] Zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs eines pflichtteilsberechtigten Abkömmlings, der eine nur ausgleichungspflichtige Zuwendung vom Erblasser erhalten hat, wird zunächst der ordentliche Pflichtteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht gem. § 2316 BGB ermittelt. Anschließend wird der Gesamtpflichtteil gebildet unter Berücksichtigung sämtlicher ergänzungspflichtiger Geschenke, der Eigengeschenke und der ausgleichungspflichtigen Zuwendungen. Wird nun der gem. § 2316 BGB ermittelte ordentliche Pflichtteil vom Gesamtpflichtteil in Abzug gebracht, ermittelt sich der Ergänzungspflichtteil.[41] Wenn die ausgleichungspflichtige Zuwendung gleichzeitig Schenkungscharakter hat, ist zu klären, wie und in welchem Umfang sich der Pflichtteilsberechtigte diese gem. § 2327 BGB auf seinen Ergänzungspflichtteil anrechnen lassen muss.

 

Rz. 20

Zur Vermeidung einer Doppelanrechnung kann von einer i.R.d. Ausgleichung bereits hälftig berücksichtigten Zuwendung i.R.d. Abs. 1 S. 1 nur noch der hälftige Wert auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch angerechnet werden.[42]

 

Beispiel*

Nachlasswert beträgt 20.000 EUR. Alleinerbe ist Freund D und Erblasser E hinterlässt die Kinder S und T.

S hat eine Ausstattung i.H.v. 8.000 EUR erhalten, die i.H.v. 2.000 EUR auch Schenkung ist. Weitere ergänzungspflichtige Zuwendung an X i.H.v. 6.000 EUR.

Pflichtteilsergänzungsanspruch des S:

Ordentlicher Pflichtteil nach § 2316 BGB:

(20.000 EUR + 8.000 EUR) : 2 – 8.000 EUR (: 2) = 3.000 EUR

Gesamtpflichtteil:

(20.000 EUR + 6.000 EUR + 8.000 EUR) : 2 – 8.000 EUR (: 2) = 4.500 EUR

Ergänzungspflichtteil ohne Anrechnung Eigengeschenk:

Gesamtpflichtteil 4.500 EUR – ordentlicher Pflichtteil 3.000 EUR = 1.500 EUR – ½ Eigengeschenk (Wert: 2.000 EUR) 1.000 EUR = 500 EUR (= effektiver Ergänzungspflichtteil)

* nach MüKo/Lange, § 2327 Rn 7

[40] BGH DNotZ 63, 113; MüKo/Lange, § 2327 Rn 5; Soergel/Dieckmann, § 2327 Rn 14.
[41] BGH LM § 2325 Nr. 5 = NJW 1965, 1526, 1527.
[42] Soergel/Dieckmann, § 2327 Rn 19; MüKo/Lange, § 2327 Rn 7.

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