Rz. 33

Die h.M. sieht in der Aufnahme eines persönlich haftenden Gesellschafters in eine Personengesellschaft selbst dann keine unentgeltliche Zuwendung, wenn sie zu besonders günstigen Konditionen erfolgt oder der neue Gesellschafter überhaupt keine Einlage zu erbringen hat.[136] Begründet wird dies damit, dass der Eintretende – gleichgültig ob er bei seinem Eintritt eigenes Kapital einsetzt oder nicht – durch die Übernahme der Pflichten eines Gesellschafters, durch die Einbringung seiner Arbeitskraft und nicht zuletzt auch in Folge des mit seinem Eintritt übernommenen Risikos der uneingeschränkten persönlichen Haftung, eine Gegenleistung erbringt, die die Anwendung des § 2325 BGB ausschließt.[137]

 

Rz. 34

Nur in Ausnahmefällen nimmt die h.M. eine gemischte Schenkung an.[138] So hat der BGH in der Aufnahme eines neuen Gesellschafters, dem gleichzeitig hinsichtlich der Anteile des Altgesellschafters ein Übernahmerecht unter vollständigem Abfindungsausschluss eingeräumt wurde, und dessen eigene Lebenserwartung weit über der des Altgesellschafters lag, einen Fall rechtsmissbräuchlicher Gestaltung gesehen und einen Pflichtteilsergänzungsanspruch bejaht.[139]

 

Rz. 35

Die h.M. übersieht aber, wie Kollhosser[140] zu Recht anmerkt, dass die Rechtsposition des persönlich haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft untrennbar mit der Verpflichtung zur Geschäftsführung und Übernahme der Haftung verbunden ist. Die Erfüllung dieser Pflichten kann daher unmöglich als Entgelt für die Einräumung der Mitgliedschaft angesehen werden.[141] De facto handelt es sich daher bei der Zuwendung des Anteils an einer gesunden Gesellschaft regelmäßig um eine Schenkung, bei deren Bewertung allerdings die von der h.M. als Gegenleistungen qualifizierten Gesichtspunkte in die Betrachtungen einfließen müssen.[142]

 

Rz. 36

Überdies weist Mayer zu Recht darauf hin, dass das Argument der Risikoübernahme z.B. bei rein vermögensverwaltenden Gesellschaften nicht überzeugen könne.[143] Dies umso mehr, als hier im Regelfall nur geringe Verbindlichkeiten bestehen und – wirtschaftlich betrachtet – eigentlich nicht ein Gesellschaftsanteil, sondern vielmehr die anteiligen Vermögensgegenstände übertragen werden.[144]

Auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung sowohl der gesellschaftsvertraglichen Regelungen als auch der Zusammensetzung des Gesellschaftsvermögens hat das OLG Schleswig daher in der Übertragung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden (Familien-)GbR eine gemischte Schenkung gesehen,[145] so dass Pflichtteilsergänzungsansprüche in Betracht kommen.[146]

[136] BGH NJW 1959, 1433; BGH WM 1965, 359; MüKo/Lange, § 2325 Rn 30; Staudinger/Olshausen [2015], § 2325 Rn 29; BGH NJW 1981, 1956 m.w.N. zur Rspr.; KG OLGZ 78, 464; BeckOGK/Schindler, § 2325 Rn 108.
[137] BGH NJW 1981, 1956 m.w.N. zur Rspr.; KG OLGZ 78, 464; v. Hoyenberg, RNotZ 2007, 377; MüKo/Lange § 2325 Rn 30; Staudinger/Olshausen [2015], § 2325 Rn 29; a.A. U. Mayer, ZEV 2003, 355, 356 für rein vermögensverwaltende Gesellschaften. Vgl. insoweit auch OLG Schleswig ZErb 2012, 168.
[138] Staudinger/Olshausen [2015], § 2325 Rn 29.
[140] MüKo/Kollhosser, 6. Aufl. 2013, § 516 Rn 71; Kohlhosser, AcP 194, 231, 246 ff.
[141] So auch J. Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler/Wälzholz, HB Pflichtteilsrecht, 1. Aufl. 2003, § 8 Rn 58 m.w.N.; vgl. auch BeckOGK/Schindler, § 2325 Rn 109.
[142] Vgl. hierzu auch Schindler, ZEV 2011, Heft 7, XII.
[143] Mayer, ZEV-Tagung 1998; ebenso U. Mayer, ZEV 2003, 355, 356.
[144] Sehr anschaulich hierzu Bsp. bei v. Dickhuth-Harrach, in: FS Rheinisches Notariat, 1998, S. 228.
[146] Vgl. S. Kappler/T. Kappler, ZEV 2017, 601, 605; BeckOGK/Schindler, § 2325 Rn 112.

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