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Der Erblasser kann jede Art von Zuwendung mit einer Anrechnungsbestimmung verbinden, vorausgesetzt, es handelt sich um eine lebzeitige Zuwendung.[20] Es muss sich um eine freigebige Zuwendung unter Lebenden handeln, womit Zuwendungen außer Betracht bleiben, zu denen der Erblasser verpflichtet ist.[21] Unter den Begriff der freigebigen Zuwendung fallen auch Ausstattungen gem. § 1624 BGB,[22] Übermaßausstattungen, -zuschüsse, und -aufwendungen gem. § 2050 Abs. 2 BGB. Gleiches gilt für alle Schenkungen, auch gemischte Schenkungen mit ihrem unentgeltlichen Anteil, sowie ehebezogene Zuwendungen, soweit sie nicht ausnahmsweise als vom Erblasser geschuldet zu bewerten sind.[23] Keine anrechnungspflichtige Zuwendung ist der einseitige Verzicht auf Rückübertragung eines Gegenstandes.[24] Die Zuwendung muss aber aus dem Vermögen des Erblassers stammen, und zwar auch dann, wenn ein sog. Berliner Testament vorliegt.[25] Der sog. erweiterte Erblasserbegriff findet bei dieser Vorschrift keine Anwendung. Bei einem Berliner Testament entsteht mit jedem Erbfall der Anspruch des durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossenen Abkömmlings gegen den Erben auf Auszahlung des Pflichtteils. Jedes von seinen Eltern enterbte Kind hat danach zwei Pflichtteilsansprüche, je einen beim Tod jedes Elternteils. Auch bei Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments ist die Erbfolge der Elternteile deutlich auseinanderzuhalten. Jeder der beiden eintretenden Erbfälle löst für den Enterbten einen Pflichtteilsanspruch aus. Daran ändert auch die irrige Vorstellung der Eltern nichts, es gebe nur einen die Kinder begünstigenden Erbfall. Demzufolge müssen sich die Kinder nicht den vollen Wert der von beiden Eltern übertragenen Anteile an Immobilien auf den Pflichtteil anrechnen lassen, sondern nur denjenigen, der allein von dem letztversterbenden Ehepartner zugewendet worden ist.[26]

[20] Thubauville, MittRhNotK 1992, 289, 293.
[21] Soergel/Dieckmann, § 2315 Rn 4; Staudinger/Otte, § 2315 Rn 11.
[22] MüKo/Lange, § 2315 Rn 7.
[23] Vgl. Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 8 Rn 34.
[24] BGH WM 1983, 823.
[25] BGHZ 88, 102.

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