Rz. 52

Schuldner des Auskunftsanspruchs ist gem. § 2314 BGB der Erbe,[259] Miterben als Gesamtschuldner.[260] Erfolgt die Auskunftserteilung durch einen Miterben i.A. der übrigen, müssen Letztere evt. Mängel nach den Grundsätzen des § 260 Abs. 2 BGB wie selbstverschuldete Mängel gegen sich gelten lassen,[261] so dass alle zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet bzw. gezwungen werden können.[262] Im Fall einer Vor- und Nacherbschaft ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls allein der Vorerbe Erbe und als solcher auch allein zur Auskunft verpflichtet.[263] Ab Eintritt des Nacherbfalls ist auch der Nacherbe verpflichtet.[264] Hat der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet, stellt § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB klar, dass der Auskunftsanspruch nicht gegenüber dem Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden kann.[265] Dem Erben steht aber in dieser Situation gegenüber dem Testamentsvollstrecker gem. § 2215 BGB ein eigener Auskunftsanspruch zu, durch dessen Verwirklichung er sich in die Lage versetzen kann, seine Verpflichtung zu erfüllen.[266] Der Testamentsvollstrecker ist verpflichtet, den Erben bei der Auskunftserteilung zu unterstützen.[267] Der Erbe kann sich auch das Verzeichnis des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten zueigen machen (das gilt in gleicher Weise auch für Verzeichnisse des Nachlassverwalters nach § 2012 BGB oder des Nachlasspflegers nach §§ 1890, 1960, 1965 BGB).[268] Die geschilderte Aufgabenverteilung trägt auch dem Grundsatz, dass es sich insoweit um eine persönliche Verpflichtung des Erben handelt,[269] Rechnung.[270] Aus diesem Grunde kann der Anspruch auch nach Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens[271] oder einer Nachlassverwaltung[272] noch gegenüber dem Erben persönlich geltend gemacht werden.[273] Die Verpflichtung ist, wie gesagt, persönlich und nicht aus dem Nachlass zu erfüllen.[274] Im Falle der Nachlassinsolvenz ist allerdings neben dem Erben auch der Nachlasspfleger auskunftspflichtig (§ 2012 Abs. 2 BGB).[275]

 

Rz. 53

Kommt der Erbe seinen Verpflichtungen aus § 2314 BGB nicht oder nicht vollständig bzw. mangelhaft nach und verstirbt er (selbst) vor vollständiger Erfüllung, fallen seine Verpflichtungen als Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB) in seinen Nachlass und sind – soweit unverjährt – von seinen Erben zu erfüllen.[276]

 

Rz. 54

Bei lebzeitigen Vermögensabflüssen an Dritte i.S.d. § 2325 BGB kann in über den Wortlaut des § 2314 BGB hinausgehender Auslegung auch der vom Erblasser beschenkte Nichterbe zur Auskunft über das ihm zugewendete Geschenk verpflichtet sein.[277] Dies gilt vor allem dann, wenn der Erbe – wie dies in der Praxis häufig der Fall ist – selbst keine eigene Kenntnis von den lebzeitigen Verfügungen des Erblassers hat und sich diese auch nicht ohne weiteres beschaffen kann und der Beschenkte gem. § 2329 BGB für den Pflichtteilsergänzungsanspruch haftet.[278] Soweit eine Haftung des Beschenkten nach § 2329 BGB ausgeschlossen ist, wird man ihm jedoch auch keine Auskunftsverpflichtung in analoger Anwendung des § 2314 BGB zumuten können. Der BGH lehnt zu Recht einen Wertermittlungsanspruch gegen den Beschenkten auf Kosten des (fiktiven) Nachlasses ab.[279] In diesem Fall kommt nur ein Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB in Betracht, dem zufolge der Beschenkte verpflichtet ist, eine Wertermittlung durch den Pflichtteilsberechtigten (bzw. einen von diesem beauftragten Sachverständigen) zu dulden.[280]

 

Rz. 55

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beschenkte unter keinen Umständen zur Kostentragung verpflichtet ist; somit bleibt es ihm erspart, dass das Geschenk (teilweise) durch die Kosten der Wertermittlung aufgezehrt wird.[281]

[259] Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 138; Bittler, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 9. Das gilt selbstverständlich auch für eine vom Erblasser lebzeitig errichtete und zur Alleinerbin eingesetzte Stiftung, vgl. OLG Karlsruhe ZEV 2004, 470 f.
[260] Sarres, ZEV 1998, 4; Staudinger/Haas (2006), § 2314 Rn 29; BeckOGK/Blum, § 2314 Rn 27; Bittler, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 9.
[261] Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 48; Bittler, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 9; so i.E. auch RGZ 129, 239, 246.
[262] RGZ 129, 239, 246; MüKo/Lange, § 2314 Rn 43; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 48.
[263] MüKo/Lange, § 2314 Rn 43; Bittler, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 9.
[264] DIV-Gutachten, ZfJ 1989, 385; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 48.
[265] RGZ 50, 224, 225; RGRK/Johannsen, § 2314 Rn 13; Palandt/Weidlich, § 2314 Rn 4; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 50; Bittler, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 10.
[266] Bittler, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 10.
[267] RGZ 50, 224, 225; Sarres, ZEV 1998, 4; Edenfeld, ZErb 2005, 346, 347; MüKo/Lange, § 2314 Rn 43.
[268] Vgl. Staudinger/Herzog (2015), § 2314 Rn 51.
[269] OLG Celle JZ 1960, 375; Bittler, in: May...

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