Rz. 71

Der der Pflichtteilsberechnung zugrunde zu legende Wert ist i.d.R. der "gemeine Wert".[295] Auch eine Definition dieses Begriffes enthält das BGB nicht. Nach Auffassung des BGH kann diese Lücke jedoch durch den Rückgriff auf § 9 Abs. 2 BewG geschlossen werden, soweit beide Vorschriften den gleichen Normzweck verfolgen.[296]

 

Rz. 72

Gem. § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung (Normalverkaufswert)[297] zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder besondere persönliche Verhältnisse bleiben jedoch außen vor. Die Übernahme dieser steuerrechtlichen Definition führt i.d.R. zu zutreffenden Ergebnissen.[298]

 

Rz. 73

Problematisch sind aber Fälle, in denen der bei Veräußerung zu erzielende Erlös vom Vollwert des Vermögensgegenstands abweicht, z.B. weil sich die abgezinsten, langfristig erzielbaren Mieterträge einer Immobilie infolge einer Flaute auf dem Immobilienmarkt nicht vollständig im marktüblichen Kaufpreis niederschlagen.[299]

[295] MüKo/Lange, § 2311 Rn 25.
[296] BGHZ 14, 368, 379; vgl. auch BeckOGK/Blum, § 2311 Rn 159.
[297] BeckOGK/Blum, § 2311 Rn 159; Meincke, S. 187; J. Mayer, ZEV 1994, 331, 336 m.w.N.; OLG Düsseldorf ZEV 1994, 361.
[298] RGRK/Johannsen, § 2311 Rn 14; J. Mayer, ZEV 1994, 331; BGHZ 8, 213, 221; Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 7 Rn 29.
[299] Riedel, Bewertung, Rn 86.

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