I. Rücktrittsrecht

 

Rz. 2

Nach dem Tod des Vertragspartners kann der Rücktritt nach § 2296 BGB nicht mehr erklärt werden, insbesondere ist die Erklärung gegenüber den Erben unwirksam.[1] Das Rücktrittsrecht erlischt aber nicht, es ändert sich nur die Rücktrittsform: Der Erblasser kann die vertragsmäßigen Verfügungen durch Testament einseitig aufheben, S. 1. Eine Ausnahme hiervon gilt im Zweifel für die zweiseitigen Erbverträge nach § 2298 Abs. 2 S. 2 BGB; ein Rücktrittsrecht nach dem Tod des Vertragspartners ist ausgeschlossen, weil davon ausgegangen wird, dass bei wechselbezüglichen Verfügungen der Erbvertrag als "ganzes" bestehen soll. Die vertragsmäßigen Verfügungen, die zugunsten des Vertragspartners getroffen worden sind, werden mit dessen Tod gegenstandslos; der Rücktritt nach § 2297 BGB kommt daher i.d.R. nur dann in Betracht, wenn ein Dritter bedacht worden ist, oder im Fall einer Auflagenanordnung.[2] Bei einem zweiseitigen Erbvertrag, bei dem wechselseitige Verfügungen getroffen werden, und angenommen wird, dass der Erbvertrag im Zweifel als "ganzes" bestehen soll, erlischt das (vorbehaltene) Rücktrittsrecht mit dem Tod des Vertragspartners, § 2298 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Überlebende kann seine Verfügungen nur dann aufheben, wenn er das ihm vertragsmäßig Zugewandte ausschlägt, § 2298 Abs. 2 S. 3 BGB. Der Erblasser muss testierfähig sein.

[1] OLG Düsseldorf OLGZ 1966, 68.
[2] Staudinger/Kanzleiter, § 2297 Rn 1.

II. Rücktrittsgrund

 

Rz. 3

Der Rücktritt durch Testament nach § 2297 BGB ist möglich, soweit der Erblasser zum Rücktritt berechtigt ist, S. 1. Dabei ist unerheblich, ob die Voraussetzungen für den Rücktritt bereits zu Lebzeiten des Vertragspartners bestanden.[3]

[3] Vgl. Soergel/Wolf, § 2297 Rn 2.

III. Rücktrittserklärung

 

Rz. 4

Der Erblasser muss den Rücktritt nicht ausdrücklich erklären. Die Rücktrittserklärung kann auch darin liegen, dass der Erblasser neue zu dem Erbvertrag in Widerspruch stehende Verfügungen trifft[4] oder in dem neuen Testament nur einzelne Verfügungen wiederholt und andere, die nicht mehr seinem Willen entsprechen, bewusst weglässt.[5] Bei mehreren Vertragspartnern kommt § 2297 BGB nur dann in Betracht, wenn alle Vertragspartner verstorben sind; ist einer der Vertragspartner noch am Leben, ist der Rücktritt nach § 2296 Abs. 2 BGB zu erklären.[6] Hat der Erblasser bereits zu Lebzeiten des Vertragspartners den Rücktritt durch Testament erklärt, dann ist diese Rücktrittserklärung unwirksam; sie wird auch nicht durch den nachfolgenden Tod des Vertragspartners wirksam.[7] Ist der Erblasser nicht sicher, ob der Vertragspartner noch lebt, dann kann er notariell beurkundet den Rücktritt erklären, die Rücktrittserklärung ggf. öffentlich zustellen (§ 132 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. ZPO) und zugleich vorsorglich ein Aufhebungstestament errichten, § 2297 BGB.

[4] Soergel/Wolf, § 2297 Rn 2.
[5] OLG Köln NJW-RR 1992, 1418 = FamRZ 1993, 242.
[6] MüKo/Musielak, § 2297 Rn 2.
[7] Staudinger/Kanzleiter, § 2297 Rn 6.

IV. Rücktritt nach § 2294 BGB

 

Rz. 5

Im Gegensatz zu § 2296 BGB enthält § 2297 BGB für den Rücktritt nach § 2294 BGB wegen Verfehlungen des Bedachten eine Verweisung auf § 2336 Abs. 2 und 3 BGB. Das bedeutet zunächst, dass der Rücktrittsgrund zum einem zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorliegen muss, zum anderen, dass dieser in der Verfügung anzugeben ist, § 2336 Abs. 2 BGB. Aufgrund der Verweisung auf § 2336 Abs. 3 BGB ist der Erblasser beweispflichtig für das Vorliegen des Rücktrittsgrundes, wenn er sich hierauf beruft, z.B. für die schuldhafte Begehung eines Verbrechens gegenüber dem Erblasser oder einer diesem nahestehenden Person (§ 2333 Abs. 1 Nr. 3 BGB); im Gegensatz zu §§ 2294, 2296 BGB hat er aber auch die geltend gemachten Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe zu widerlegen.[8]

[8] MüKo/Musielak, § 2297 Rn 4.

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