Gesetzestext

 

(1)Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.

(2)Die Verjährungsfrist des Anspruchs beginnt mit dem Erbfall.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der Erbvertrag entfaltet nur eine (erbrechtliche) Bindungswirkung; der Erblasser kann daher weiterhin über sein Vermögen unter Lebenden verfügen (§ 2286 BGB). Missbraucht der Erblasser seine Verfügungsfreiheit, werden die vertragsmäßig Bedachten durch die §§ 2287, 2288 BGB geschützt. Sie haben dann die Möglichkeit, das Geschenk nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszuverlangen. § 2287 BGB enthält nur eine Rechtsfolgenverweisung. Die Vorschrift gilt auch für gemeinschaftliche Testamente.[1] Für die Rspr. des BGH zur "Aushöhlungsnichtigkeit" vgl. die Erläuterungen zu § 2286 BGB.

[1] Vgl. BGHZ 82, 274.

B. Tatbestand

I. Rechtsstellung des Vertragserben

 

Rz. 2

Durch den Erbvertrag wird der Erblasser zwar erbrechtlich, nicht aber schuldrechtlich gebunden; er kann weiterhin über sein Vermögen unter Lebenden verfügen (§ 2286 BGB). Durch die Erbeinsetzung erhält der Vertragserbe keine rechtlich gesicherte Anwartschaft, so dass ihm zu Lebzeiten grundsätzlich keine Ansprüche gegen den Erblasser zustehen.[2] Auch die Ansprüche aus §§ 2287, 2288 BGB, die die vertragsmäßig Bedachten schützen, wenn der Erblasser seine Verfügungsfreiheit missbraucht, entstehen erst nach seinem Tod, §§ 1922 Abs. 1, 1942 Abs. 1 BGB; zur Anwendbarkeit allg. Vorschriften vgl. die Erläuterungen zu § 2286 BGB. Der Anspruch aus Abs. 1 entsteht originär bei dem einzelnen Vertragserben und fällt daher nicht in den Nachlass. Das hat zur Folge, dass er nicht von einem Testamentsvollstrecker erhoben werden kann;[3] auch § 2039 BGB greift nicht, so dass jeder Vertragserbe den Anspruch in Höhe seiner Erbquote geltend machen muss, §§ 420, 741 ff. BGB.[4] Wenn die Leistung unteilbar ist, sind die Vertragserben Gesamthandgläubiger nach § 432 BGB.

[2] BGHZ 12, 115, 118 = NJW 1954, 633.
[3] BGHZ 78, 1 = NJW 1980, 2461 f.
[4] BGHZ 108, 73 = NJW 1989, 2389, 2391.

II. Schenkung

 

Rz. 3

In Betracht kommen nur Schenkungen, die nach dem Abschluss des Erbvertrages gemacht werden, denn nur solche können den Vertragserben beeinträchtigen. Der Begriff der Schenkung richtet sich nach den §§ 516 ff. BGB. Er umfasst daher die gesetzlich normierte Pflicht- und Anstandsschenkung (§ 534 BGB), aber auch die gemischten und verschleierten Schenkungen[5] sowie die Ausstattungsschenkungen (§ 1624 Abs. 1 BGB). Auch Schenkungsversprechen fallen unter den Begriff der Schenkung. Allerdings können bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2287 BGB im Ergebnis keine Ansprüche gegen den Vertragserben geltend gemacht werden.[6] Auf Schenkungsversprechen, die unter der Bedingung erteilt werden, dass der Beschenkte den Erblasser überlebt, sind nach § 2301 Abs. 1 BGB die Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen anzuwenden. Sie sind daher, wenn sie dem Erbvertrag widersprechen, schon nach § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam; ein Vorgehen nach § 2287 BGB kommt dann nicht in Frage. Ist die Schenkung dagegen bereits vollzogen, greifen nach § 2301 Abs. 2 BGB die Vorschriften über die Schenkung unter Lebenden ein. Als Schenkung i.S.v. § 2287 BGB kann auch die unentgeltliche Einräumung des Bezugsrechts aus einer Lebensversicherung anzusehen sein, wenn diese erst nach Abschluss des Erbvertrages erfolgt.[7] Die ehebedingten bzw. unbenannten Zuwendungen zwischen Ehegatten können ebenfalls unter § 2287 BGB fallen, wenn sie unentgeltlich erfolgt sind, nicht dagegen, wenn sie unterhaltsrechtlich geschuldet waren oder ihnen eine konkrete Gegenleistung gegenüberstand.[8] Die bloße Haushaltsführung reicht hierfür aber nicht aus, da sie als Beitrag zum Familienunterhalt gesetzlich vorgesehen ist (§ 1360 BGB). Etwas anderes gilt aber, wenn vertraglich eine Pflegeverpflichtung begründet wurde. Diese ist – jedenfalls dann, wenn die Pflege tatsächlich geleistet wird – als Gegenleistung anzuerkennen. Soweit sich aus dem Vertrag kein anderer Anhaltspunkt ergibt, kann auf die Werte nach dem Pflegeversicherungsgesetz abgestellt werden.[9] Eine Schenkung kann aufgrund der weitreichenden vermögensrechtlichen Folgen auch in der Begründung einer Gütergemeinschaft gesehen werden. Vor dem Hintergrund aber, dass die Ehegatten den Güterstand selbst wählen und jederzeit auch ändern können, ist für die Annahme einer Schenkung erforderlich, dass durch die Begründung der Gütergemeinschaft ehefremde Zwecke verfolgt werden sollten.[10] Auch bei Übertragung eines Gegenstandes unter Nießbrauchsvorbehalt muss unter Einbeziehung des Wertes des Nießbrauchs im Einzelfall festgestellt werden, ob es sich um eine Schenkung handelt. Der Vorbehalt eines Nießbrauchs mindert den Wert der Zuwendung; eine Gegenleistung des Beschenkten stellt der Nießbrauchsvorbehalt dagegen nicht dar.[11] Auf entgeltl...

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