Rz. 7
Der Auslegungsregel des Abs. 1 liegt die Erfahrung zugrunde, dass die Ehegatten im Regelfall ihren Nachlass gem. der sog. Einheitslösung regeln wollen. Abs. 1 gibt das Grundmodell der gesetzlich als Regelfall favorisierten Einheitslösung wieder. Kennzeichnend dafür ist die Anordnung einer Voll- und Schlusserbfolge. Zunächst setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu alleinigen Vollerben ein. Der jeweils überlebende Ehegatte soll kein Vorerbe sein (§§ 2100 ff. BGB) und nicht den Beschränkungen eines Vorerben nach §§ 2112–2135 BGB unterliegen. Damit gelangt der gesamte Nachlass des Erstversterbenden in das Vermögen des überlebenden Ehegatten. Für den Fall des Versterbens des überlebenden Ehegatten wird sodann eine Schlusserbeneinsetzung vorgenommen. Für die vorstehend beschriebene Art der Regelung der Nachfolge hat sich der Ausdruck "Berliner Testament" eingebürgert.[22] Der Schlusserbe ist nur der Erbe des überlebenden Ehegatten. Wurde ein Abkömmling nur als Schlusserbe eingesetzt, so bedeutet dies seine Enterbung nach dem zuerst Verstorbenen.[23] Für den Schlusserben entsteht mit dem ersten Erbfall im Gegensatz zu seiner Einsetzung als Nacherbe (dann § 2108 Abs. 2 BGB) noch kein vererblicher Voranfall. Ob ihm ein Anwartschaftsrecht anfällt, ist umstritten, jedenfalls kann er darüber nicht verfügen, § 311b Abs. 4 BGB. Jedenfalls ist er aber zur Erhebung einer Feststellungsklage befugt, falls der überlebende Ehegatte entgegen einer bindenden Schlusserbeneinsetzung abweichend letztwillig verfügt oder das Testament anficht.[24]
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