Rz. 38

Auch im Erbscheinsverfahren erfolgt die Prüfung der Testierfähigkeit gem. § 2338 BGB i.V.m. § 26 FamFG zwar von Amts wegen.[84] Jedoch ist von dieser als Regelfall auszugehen, so dass eine entsprechende gerichtliche Ermittlungspflicht nur besteht, wenn etwa das Vorbringen der Beteiligten, der Inhalt oder die äußere Form der letztwilligen Verfügung oder andere objektivierbare Tatsachen berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Testierfähigkeit geben.[85] Bloße Vermutungen oder Wahrscheinlichkeitsurteile aus möglichen Krankheitsbildern ohne Anknüpfung an auffälliges symptomatisches Verhalten des Erblassers im zeitlichen Zusammenhang mit der Testamentserrichtung reichen nicht aus.[86] Die Beteiligten haben daher in ihrem eigenen Interesse solche objektivierbaren Umstände vorzutragen, die das Fehlen der Testierfähigkeit als wahrscheinlich erscheinen lassen. Art und Umfang der dazu erforderlichen Ermittlungen richten sich nach der Lage des Einzelfalls, der Tatrichter entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ohne an Beweisanträge gebunden zu sein.[87] Stellt allerdings bereits der die letztwillige Verfügung beurkundende Notar fest, dass Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Testierenden bestehen, so hat das Nachlassgericht hierzu nähere Ermittlungen anzustellen.[88] Bei nicht behebbaren Zweifeln muss auch hier von der Testierfähigkeit ausgegangen werden.[89]

[84] Beachte jedoch: Die Testierfähigkeit ist vom demjenigen zu beweisen, der sich auf die Unwirksamkeit des Testaments beruft, so BGH ZEV 2012, 100, 103.
[85] BayObLG FamRZ 2005, 656, 659; KG FamRZ 2000, 912, 913 = NJW 2001, 903; OLG Karlsruhe ErbR 2015, 456.
[89] BayObLGZ 1956, 380; 1982, 312; BayObLG Rpfleger 1984, 318; BayObLG ZEV 1996, 390, 391 m. Anm. Jerschke; hoher Grad an Wahrscheinlichkeit genügt nach BayObLG FamRZ 2000, 701.

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