Gesetzestext

 

(1)Der Testamentsvollstrecker ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.

(2)1Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch letztwillige Verfügung getroffen hat, sind von dem Testamentsvollstrecker zu befolgen. 2Sie können jedoch auf Antrag des Testamentsvollstreckers oder eines anderen Beteiligten von dem Nachlassgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlass erheblich gefährden würde. 3Das Gericht soll vor der Entscheidung, soweit tunlich, die Beteiligten hören.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der Testamentsvollstrecker hat nicht nur das Recht zur Verwaltung des Nachlasses, sondern auch die Pflicht zur Verwaltung. Durch diese Verpflichtung sollen die mit der Testamentsvollstreckung verbundenen Aufgaben gesichert werden. Im BGB findet sich keine Legaldefinition für den Begriff der Verwaltung. Aus den §§ 2205, 2206 BGB sowie §§ 2212 f. BGB lässt sich aber ableiten, dass Inbesitznahme, Verfügung, Eingehung von Verbindlichkeiten und die Prozessführung als einzelne Maßnahme als Verwaltung zu qualifizieren sind.[1] Insgesamt fallen alle Maßnahmen rechtlicher und tatsächlicher Art, die der Erhaltung, Sicherung, Nutzung und Mehrung des jeweils verwalteten Gegenstandes oder Vermögens dienen, unter den Begriff der Verwaltungshandlung, ohne dass es auf die Ordnungsmäßigkeit ankommt.[2] Abs. 1 ist zwingendes Recht und ist die Grundlage des zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker bestehenden Schuldverhältnis sui generis.

[1] Schmitz, ZErb 2003, 3.
[2] BGH NJW 1970, 1070.

B. Tatbestand

I. Ordnungsmäßige Verwaltung des Nachlasses (Abs. 1)

 

Rz. 2

Nach Abs. 1 ist der Testamentsvollstrecker zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet. Das Gesetz lässt damit offen, was unter ordnungsgemäßer Verwaltung zu verstehen ist. Die subjektiven Fähigkeiten des Testamentsvollstreckers sind irrelevant. Vielmehr bestimmen sich Inhalt und Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung durch die einzelnen übertragenen Aufgaben und Verwaltungsanordnungen durch den Erblasser. Ferner sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der Maßstab einer ordnungsgemäßen Verwaltung i.R.d. Abwicklungsvollstreckung gem. § 2203 BGB ist ein anderer als der bei einer Verwaltungsvollstreckung nach § 2209 BGB, zumal bei einer regelmäßig längerfristigen Verwaltungsvollstreckung der Testamentsvollstrecker häufiger mit der Frage konfrontiert wird, wer in das Nachlassvermögen zu investieren hat, um die letztwillige Verfügung bzw. die Verwaltungsanordnung des Erblassers über Jahre und Jahrzehnte hinweg zu erfüllen. Im Einzelnen kommt es somit darauf an, was der Erblasser mit der Testamentsvollstreckung bezwecken wollte. Der Testamentsvollstrecker befindet sich somit häufig im Spannungsfeld zwischen Substanzerhaltung und Substanzvermehrung.

 

Rz. 3

An die Ordnungsmäßigkeit der Nachlassverwaltung sind strenge Anforderungen zu stellen, die durch das objektive Nachlassinteresse und die allgemeinen Regeln der Wirtschaftlichkeit konkretisiert werden. Der Testamentsvollstrecker ist zur besonderen Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt verpflichtet. Nach der Rspr.[3] hat der Testamentsvollstrecker gleichwohl umsichtig und solide, aber auch wie ein dynamischer Geschäftsführer zu handeln, der die Risiken und Chancen kalkuliert und dementsprechend handelt. Insgesamt soll alles vermieden werden, was für das Nachlassvermögen negative Auswirkungen hätte. Der Testamentsvollstrecker hat dabei im Rahmen seiner Eigenverantwortung einen angemessenen Ermessensspielraum, der ihm auch Raum für wirtschaftlich sinnvolle Eigeninitiativen lässt.[4]

 

Rz. 4

Bei der Auswahl von Kapitalanlagen hat der Testamentsvollstrecker im Einzelnen folgende Aspekte zu berücksichtigen:[5]

die zu erwartende Rendite der Kapitalanlage,
ihr Risiko,
ihre Inflationsanfälligkeit,
etwaige mit ihr verbundene Kosten und Steuern,
ihre Liquidierbarkeit und Marktfähigkeit sowie
ihre Beziehungen zur allg. wirtschaftlichen Entwicklung.
 

Rz. 5

Ferner sollte insgesamt eine Anlagestrategie nebst Vermögensdiversifikation bestehen. Dabei ist der Testamentsvollstrecker auch zur Eingehung von wirtschaftlich kalkulierbaren Risiken berechtigt,[6] wobei die Risiken überschaubar bleiben müssen. Keinesfalls dürfen Risikogeschäfte durchgeführt werden, wobei der gesamte Nachlass in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Andererseits darf sich der Testamentsvollstrecker nicht mit einem mäßigen Erfolg begnügen, wenn die Möglichkeit zu einer besseren Ergebniserzielung besteht und nach seiner Veranlagung und seinen Kenntnissen er diese Möglichkeiten zu erkennen und zu verwirklichen weiß.[7] Ist der Testamentsvollstrecker überdurchschnittlich persönlich qualifiziert, steigert dies seine persönlichen Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung. Hingegen senkt eine unterdurchschnittliche persönliche Qualifizierung die Anforderungen nicht. Der Testamentsvollstrecker ist nach Maßgabe des Abs. 1 nur gegenüber dem Erben nebst Nacherben sowie dem Vermächtnisnehmer zur ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht nicht gegenüber ...

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