Rz. 32

Hat der Testamentsvollstrecker das Amt angenommen und ist bereits tätig gewesen, und stellt sich dann die Rechtsunwirksamkeit seiner Ernennung heraus, ist seine Rechtsstellung fraglich. Im Einzelnen wird differenziert, ob die Anordnung des Erblassers von Anfang an unwirksam war oder das Amt nachträglich weggefallen ist. Bei Unwirksamkeit von Anfang an handelt der Testamentsvollstrecker auf eigenes Risiko, wenn die Erben der Testamentsvollstreckung widersprochen haben.[64] Da kein fremdes Geschäft vorliegt, sind die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB nicht anwendbar. Ebenso scheidet ein Aufwendungsersatz nach §§ 670, 2218 BGB oder Vergütungsanspruch nach § 2221 BGB aus.

 

Rz. 33

Haben hingegen die Erben die Berechtigung des Testamentsvollstreckers zur Amtsausübung bzw. die Anordnung insgesamt nicht bestritten, so soll wenigstens ein Aufwendungsersatz nach §§ 675, 612 BGB und ein Anspruch auf Vergütung aus § 2221 BGB entsprechend bestehen.[65] Für die unmittelbare Anwendung der Geschäftsführungsregeln ist bei einer nichtigen Testamentsvollstreckungsanordnung kein Raum.[66] Aufgrund der §§ 2218 Abs. 1, 674 BGB kann zugunsten des Testamentsvollstreckers die Fortdauer des Amts so lange unterstellt werden, bis er vom Erlöschen Kenntnis erlangt oder das Erlöschen kennen musste, wobei leichte Fahrlässigkeit genügt.[67] Eine analoge Anwendung der §§ 2218, 674 BGB kann dann gerechtfertigt sein, wenn der Testamentsvollstrecker in gutem Glauben an die ordnungsgemäße Ernennung zum Testamentsvollstrecker gehandelt hat.[68] Dabei ist jedoch eine Analogie nur dann zulässig, wenn die Ernennung nicht von Anfang an gegenstandslos ist.[69]

 

Rz. 34

Zum Schutz der Erben haftet der vermeintliche Testamentsvollstrecker analog § 2219 BGB. Die Wirksamkeit von Verfügungen und Verpflichtungen richtet sich für das Außenverhältnis nach den allg. Gut-Glaubens-Vorschriften.[70] Im Einzelnen kommt es darauf an, ob der Testamentsvollstrecker sich durch Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses legitimiert hat. Hat er ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorgelegt, so gelten die Vorschriften über den Erbschein analog §§ 2368, 2365 BGB. Hat sich der Testamentsvollstrecker bspw. durch die Vorlage eines Testaments legitimiert, gelten die Grundsätze der Anscheinsvollmacht.[71] Das durch den vermeintlichen Testamentsvollstrecker vorgenommene Rechtsgeschäft kann durch die Erben ebenso genehmigt werden wie durch einen ordnungsgemäß ernannten Testamentsvollstrecker. Gegenüber Dritten haftet der vermeintliche Testamentsvollstrecker nach Maßgabe des § 179 BGB als vollmachtloser Vertreter.[72]

[64] BGH NJW 1977, 1726.
[65] Vgl. BGH NJW 1963, 1615.
[66] So auch Staudinger/Wittmann, vor §§ 677 bis 687 Rn 23; Bengel/Reimann/Bengel, § 1 Rn 236.
[67] Bengel/Reimann/Bengel, § 1 Rn 235.
[68] So auch Soergel/Damrau, § 2218 Rn 20.
[69] BGHZ 41, 23; a.A. BGH NJW 1963, 1615, wonach es auf das Bestreiten der Erben ankommt, ob ein Anspruch des Testamentsvollstreckers besteht.
[70] BeckOK BGB/Lange, § 2197 Rn 37.
[71] Staudinger/Reimann, § 2197 Rn 75.
[72] OLG Hamm NJW 1994, 666.

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