Gesetzestext

 

(1)1Ist ein vermachtes Grundstück, das zur Erbschaft gehört, mit einer Hypothek für eine Schuld des Erblassers oder für eine Schuld belastet, zu deren Berichtigung der Erblasser dem Schuldner gegenüber verpflichtet ist, so ist der Vermächtnisnehmer im Zweifel dem Erben gegenüber zur rechtzeitigen Befriedigung des Gläubigers insoweit verpflichtet, als die Schuld durch den Wert des Grundstücks gedeckt wird. 2Der Wert bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher das Eigentum auf den Vermächtnisnehmer übergeht; er wird unter Abzug der Belastungen berechnet, die der Hypothek im Range vorgehen.

(2)Ist dem Erblasser gegenüber ein Dritter zur Berichtigung der Schuld verpflichtet, so besteht die Verpflichtung des Vermächtnisnehmers im Zweifel nur insoweit, als der Erbe die Berichtigung nicht von dem Dritten erlangen kann.

(3)Auf eine Hypothek der in § 1190 bezeichneten Art finden diese Vorschriften keine Anwendung.

A. Allgemeines/Normzweck

 

Rz. 1

Der Vermächtnisnehmer hat nach § 2165 BGB grundsätzlich keinen Anspruch auf die Zuwendung eines lastenfreien Grundstücks. Würde der Vermächtnisnehmer den Hypothekengläubiger hinsichtlich seiner Forderung befriedigen, ging diese Forderung auf ihn über (§ 1143 BGB). Damit hätte der Vermächtnisnehmer eine Forderung, die er gegenüber dem Erben geltend machen könnte. § 2165 BGB würde insoweit ohne die Regelung in § 2166 BGB unterlaufen.[1] Daher soll der Vermächtnisnehmer im Zweifel dem Erben gegenüber zur rechtzeitigen Befriedigung des Gläubigers insoweit verpflichtet sein, als die Schuld durch den Wert des Grundstücks gedeckt wird (Abs. 1).

[1] MüKo/Rudy, § 2166 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Grundsätzliches

 

Rz. 2

Es handelt sich bei § 2166 BGB um eine Auslegungsregel: Im Zweifel besteht eine Verpflichtung des Vermächtnisnehmers gegenüber dem Erben, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Die im Zweifel sich aus § 2165 Abs. 1 BGB ergebende Pflicht des Vermächtnisnehmers, die Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek hinzunehmen, kann so nicht durch § 1143 BGB unterlaufen werden.[2] § 2166 BGB ist nur im Verhältnis zwischen dem Vermächtnisnehmer und den Erben einschlägig. Der Vermächtnisnehmer haftet dem Gläubiger für die Erfüllung der Hypothekenschuld mit dem Grundstück. Dem Vermächtnisnehmer obliegt daher die Befriedigung des Gläubigers bei Fälligkeit der Schuld. Eine Verpflichtung zur Sicherheitsleitung oder Freistellung ergibt sich aus § 2166 BGB nicht.[3]

[2] Staudinger/Otte, § 2166 Rn 2.
[3] Staudinger/Otte, § 2166 Rn 3.

II. Vermachtes Grundstück

 

Rz. 3

Das vermachte Grundstück – oder ein Bruchteil davon – muss zur Erbschaft gehören und mit einer Hypothek für eine persönliche Schuld des Erblassers oder einer Schuld belastet sein, zu deren Berichtigung der Erblasser dem Schuldner gegenüber verpflichtet ist. Die Vorschrift spricht zwar nur von einer Hypothek, sie ist aber auch entsprechend auf eine Grundschuld anzuwenden, die der Sicherung einer persönlichen Schuld des Erblassers dient (§ 1192 Abs. 1 BGB).[4] Dient jedoch die Grundschuld der Sicherung eines Kreditverhältnisses in laufender Rechnung mit wechselndem Bestand der Schuld, ist § 2166 BGB ebenso wenig anwendbar, als wenn der Erblasser zur Darlehenssicherung eine Grundschuld bestellt und eine Risikolebensversicherung abgeschlossen hat, mittels derer der Erbe das Darlehen tilgte und durch Abtretung die Grundschuld erhielt.[5] Sicherungsgrundschulden, die der Absicherung einer Forderung dienen, für die weder ein Bezug zu dem Grundstück besteht noch dem Grundstück zugutekommt, fallen nicht unter § 2166 BGB.[6]

 

Rz. 4

Kommt es bei der Verwertung des Grundstücks zu einer Befriedigung des Hypothekengläubigers hinsichtlich eines Betrages, der nicht der persönlichen Verpflichtung des Vermächtnisnehmers unterlag, entsteht bei dem Vermächtnisnehmer insoweit ein Anspruch gegen den Erben. Dieser wird hier von einer Verpflichtung aus § 1967 BGB befreit, ohne dass dafür ein Rechtsgrund gegeben ist.[7] Sofern und soweit der Erlös aus der Grundstücksverwertung hinter dem Betrag zurückbleibt, bis zu dem der Vermächtnisnehmer dem Erben gegenüber persönlich haftet, hat der Vermächtnisnehmer dem Erben gegenüber den Gläubiger zu befriedigen. Übersteigen die Leistungen des Vermächtnisnehmers an den Gläubiger seine persönliche Haftung, geht die Forderung auf den Vermächtnisnehmer nach § 1143 BGB über; wird der Gläubiger durch den Erben befriedigt, gilt § 1164 BGB bis zu dem Betrag, für den der Vermächtnisnehmer haftet.[8]

[4] BGH NJW 1963, 1612; Staudinger/Otte, § 2166 Rn 10.
[5] Palandt/Weidlich, § 2166 Rn 3 m.w.N.
[6] JurisPK-BGB/Reymann, § 2166 BGB Rn 13; Grunewald/Rizor, ZEV 2008, 510–512.
[7] Staudinger/Otte, § 2166 Rn 4.
[8] Staudinger/Otte, § 2166 Rn 4.

III. Bewertung

 

Rz. 5

Der Vermächtnisnehmer soll nur insoweit zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet sein, als die Schuld durch den Wert des Grundstücks gedeckt wird. Bei der Bestimmung des Verkehrswertes (§ 2311 BGB) ist auf den Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs auf den Vermächtnisnehmer, der Eintragung im Grundbuch, abzustellen (§§ 873, 925 BGB).[9] Es ist nicht der Zeitpun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge