Gesetzestext

 

(1)1Der Erblasser kann ein Vermächtnis in der Art anordnen, dass der Bedachte von mehreren Gegenständen nur den einen oder den anderen erhalten soll. 2Ist in einem solchen Falle die Wahl einem Dritten übertragen, so erfolgt sie durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.

(2)1Kann der Dritte die Wahl nicht treffen, so geht das Wahlrecht auf den Beschwerten über. 2Die Vorschrift des § 2151 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

A. Allgemeines

I. Sinn und Zweck der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 2154 BGB stellt ebenfalls eine Aufweichung des Grundsatzes aus § 2065 BGB dar, weil endgültige Entscheidungen nicht vom Erblasser selbst getroffen werden müssen. Vielmehr ist im Bereich der Vermächtnisanordnung eine gegenständliche Auswahl des Vermächtnisgegenstandes durch eine andere Person zulässig.

II. Systematische Einordnung

 

Rz. 2

In systematischer Hinsicht kommt § 2154 BGB insbesondere neben den §§ 21512153 BGB zur Anwendung, soweit er vorsieht, dass der Bedachte von mehreren Gegenständen den einen oder den anderen erhalten soll. Das Wahlvermächtnis begründet eine Wahlschuld, die zur Anwendung kommt, soweit § 2154 BGB nichts anderes bestimmt i.S.d. §§ 262265 BGB.[1]

[1] Palandt/Weidlich, § 2154 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Mehrere Gegenstände

 

Rz. 3

Voraussetzung ist zunächst, dass der Bedachte von mehreren konkreten Gegenständen einen erhalten soll.[2] Dabei ist es ausreichend, wenn die Gegenstände nur ihrer Gattung nach bestimmt sind. Grundsätzlich muss der Gegenstand zum Nachlass gehören. Er muss nicht zum Nachlass gehören, wenn der Erblasser auch in diesem Fall die Zuwendung wollte (§§ 2169 Abs. 1, 2170 BGB – Verschaffungsvermächtnis).[3]

 

Rz. 4

Wollte der Erblasser dem Bedachten nur einen Gegenstand zuwenden, hat aber diesen so bezeichnet, dass mehrere Gegenstände in Frage kommen und nicht geklärt werden kann, welchen Gegenstand der Erblasser eigentlich meinte, ist die Anwendbarkeit von § 2154 BGB umstritten. Vorzugswürdig ist die Auffassung, dass § 2154 BGB nicht anwendbar ist. Der Erblasser wollte eine Stückschuld begründen. Durch nicht eindeutige Bezeichnung wurde jedoch der Vermächtnisgegenstand nur der Gattung nach bezeichnet, sodass § 2155 BGB zur Anwendung gelangt.[4]

 

Rz. 5

§ 2154 BGB ist nicht anwendbar, wenn der Erblasser bestimmt hat, dass der vermachte Gegenstand durch Los oder ein sonstiges Ereignis bestimmt werden soll, weil in diesen Fällen ein bedingtes Vermächtnis vorliegt.[5]

[2] MüKo/Rudy, § 2154 Rn 1.
[3] Staudinger/Otte, § 2154 Rn 7; MüKo/Rudy, § 2154 Rn 2.
[4] Staudinger/Otte, § 2154 Rn 10 m.w.N.; MüKo/Rudy, § 2154 Rn 2.
[5] Staudinger/Otte, § 2154 Rn 6; MüKo/Rudy, § 2154 Rn 2.

II. Auswahl

 

Rz. 6

Sofern der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, steht die Auswahl unter den Gegenständen nach § 262 BGB dem Beschwerten zu. Bei der Frage, ob das Wahlrecht dem Schuldner nach § 262 BGB zusteht, ist ggf. zunächst die testamentarische Regelung auszulegen.[6] Der Beschwerte übt sein Wahlrecht dann durch unwiderrufliche Erklärung gegenüber dem Bedachten nach § 263 Abs. 1 BGB aus. Es gilt dann die seitens des Beschwerten ausgewählte Leistung als die von Anfang an allein geschuldete Leistung (§ 263 Abs. 1 und 2 BGB). Hat der Beschwerte von seinem Wahlrecht noch keinen Gebrauch gemacht, kann der Bedachte nach seiner Wahl auf die von ihm geforderte Leistung klagen und sodann ggf. die Zwangsvollstreckung betreiben (§ 264 Abs. 1 BGB).[7] Ist eine der beiden Leistungen unmöglich oder wird sie später unmöglich, beschränkt sich das Schuldverhältnis auf die andere Leistung (§ 265 BGB). Hier ist § 275 BGB zu beachten, nach der der Beschwerte frei werden kann, wenn er die unmöglich gewordene Leistung wählt, nachdem der Bedachte die Unmöglichkeit verschuldet hat.[8]

 

Rz. 7

Sofern der Erblasser die Wahl einem Dritten übertragen hat (Abs. 1 S. 2) und dieser die Erklärung gegenüber dem Beschwerten verzögert, kann dem Dritten durch das Nachlassgericht auf Antrag eines der Beteiligten eine Frist gesetzt werden (§ 2151 Abs. 3 S. 2 BGB). Das Nachlassgericht hat ausschließlich zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, bei dem eine Fristsetzung ernsthaft in Betracht kommt. Es ist ausreichend, wenn eine Verfügung von Todes wegen vorliegt und diese nicht offenkundig unwirksam ist. Eine Entscheidung über die Wirksamkeit oder die Auslegung der Verfügung kann das Nachlassgericht nicht treffen.[9]

Sofern auch dies nicht zu einer Erklärung führt, geht das Wahlrecht auf den Beschwerten über (Abs. 2 S. 1). Für den Fall, dass auch dieser das Wahlrecht nicht ausübt, fällt es in analoger Anwendung des § 2151 Abs. 3 BGB auf den Bedachten. In diesem Fall gilt § 265 BGB mit der Maßgabe, dass die zufällige Unmöglichkeit einer Leistung zur Beschränkung der Schuld auf die andere Leistung führt.[10] Hat allerdings der Beschwerte die Unmöglichkeit zu vertreten, bleibt die Wahlschuld bestehen (§ 265 S. 2 BGB). Wählt in diesem Fall der Dritte die unmöglich gewordene Leistung, steht dem Bedachten statt der Leistung ein Schadensersatzanspruch zu (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB). Hat der Bedachte die Unmöglichkeit verschuldet und wählt der Dritte die unmögliche Leistung, wird der Beschwerte von ...

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