Gesetzestext

 

(1)Der Erblasser kann mehrere mit einem Vermächtnis in der Weise bedenken, dass der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den mehreren das Vermächtnis erhalten soll.

(2)Die Bestimmung des Beschwerten erfolgt durch Erklärung gegenüber demjenigen, welcher das Vermächtnis erhalten soll; die Bestimmung des Dritten erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.

(3)1Kann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so sind die Bedachten Gesamtgläubiger. 2Das Gleiche gilt, wenn das Nachlassgericht dem Beschwerten oder dem Dritten auf Antrag eines der Beteiligten eine Frist zur Abgabe der Erklärung bestimmt hat und die Frist verstrichen ist, sofern nicht vorher die Erklärung erfolgt. 3Der Bedachte, der das Vermächtnis erhält, ist im Zweifel nicht zur Teilung verpflichtet.

A. Allgemeines

I. Sinn und Zweck der Vorschrift

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 2151 BGB hilft, wegen der restriktiven Auslegung des § 2065 Abs. 2 BGB, bei der Zuwendung wirtschaftlicher oder ideeller Werte von Todes wegen eine Drittbestimmung zu ermöglichen und so unmittelbar der gewünschten und geeigneten Person zuzuwenden (Bestimmungsvermächtnis). Besonders hilfreich ist die Bestimmung bei der Gestaltung sog. vorzeitiger Unternehmertestamente.

II. Systematische Einordnung

 

Rz. 2

Nach § 2065 Abs. 2 BGB kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, nicht einem anderen überlassen.

 

Rz. 3

Zu diesem Grundsatz stellt § 2151 BGB im Hinblick auf die geringere Bedeutung des Vermächtnisses eine Ausnahmeregelung dar. Sie eröffnet dem Erblasser die Möglichkeit, die Auswahl unter mehreren Bedachten sowohl dem Beschwerten als auch einem Dritten zu überlassen.[1]

 

Rz. 4

Die Bestimmung des Vermächtnisnehmers nach § 2151 BGB kann mit einer Anordnung nach § 2153 BGB (Bestimmung der Anteile) und nach den §§ 21542156 BGB (Wahlvermächtnis, Gattungsvermächtnis, Zweckvermächtnis) verbunden werden. Darüber hinaus ist eine Bestimmung nach § 2151 BGB von § 2064 BGB (keine testamentarische Bevollmächtigung) abzugrenzen.

 

Rz. 5

Umfasst die Vermächtnisanordnung des Erblassers das ganze oder nahezu das ganze Vermögen, stellt eine derartige Vermächtnisanordnung keine Umgehung des § 2065 Abs. 2 BGB dar. Die Rechtsfolgen des Vermächtnisses bleiben in jedem Fall hinter denen einer Erbeinsetzung zurück. Im Übrigen sind keine nachvollziehbaren Kriterien erkennbar, nach denen ab einem bestimmten Umfang der vermächtnisweisen Zuwendung die Bestimmung des Vermächtnisnehmers durch einen Dritten unzulässig sein sollte.[2]

[1] Staudinger/Otte, § 2151 Rn 2; Mayer, ZEV 1995, 247, Palandt/Weidlich, § 2151 Rn 1.
[2] Staudinger/Otte, § 2151 Rn 2 m.w.N.; MüKo/Rudy, § 2151 Rn 8; Firsching/Graf, Nachlassrecht 2014, Rn 1.326; Mayer, ZEV 1995, 248.

B. Tatbestand und Rechtsfolgen

I. Personenkreis der Vermächtnisnehmer

1. Bestimmbarkeit

 

Rz. 6

Für die Bestimmbarkeit genügt es, wenn der Erblasser den Personenkreis der Vermächtnisnehmer allg. bestimmt hat und die endgültige Auswahl dem Beschwerten oder einem Dritten überlässt. Der Personenkreis muss dabei allerdings auch hinreichend genau bestimmt sein.[3] Das RG setzte das "Vorhandensein eines beschränkten, leicht überschaubaren Personenkreises" voraus.[4] Bleibt zweifelhaft, wer zu dem Kreis der von dem Erblasser bestimmten Personen gehört, liegt kein wirksames Vermächtnis vor.[5] Möglicherweise liegt in diesem Fall eine Auflage nach § 2193 Abs. 1 BGB vor, da bei einer Auflage keine Angaben über die Person gemacht werden muss, an die geleistet werden soll. So wurde ein Vermächtnis "an verschiedene Vereine und wohltätige oder gemeinnützige Anstalten sowie bedürftige Personen" in eine Auflage umgedeutet.[6] Eine Umdeutung (§ 140 BGB) in eine Auflage ist jedoch immer dann ausgeschlossen, wenn auch der von dem Erblasser verfolgte Zweck nicht erkennbar ist.[7] Zu dem Kreis der Bedachten können auch die Erben oder der Beschwerte und sogar der Bestimmungsberechtigte gehören, wenn ein entsprechender Wille des Erblassers einwandfrei festzustellen ist.[8] Änderungen im Personenkreis der Vermächtnisnehmer sind grundsätzlich ohne Bedeutung, wenn der potenzielle Vermächtnisnehmer nach dem Erbfall als solcher ausfällt. In diesem Fall kann er gleichwohl ausgewählt werden mit der Folge, dass seinen Erben das Vermächtnis zusteht.[9] Durch einen Erbfall kann es zu einer Erweiterung des Personenkreises kommen: bspw., wenn unter den Nichten und Neffen des Erblassers die Auswahl zu erfolgen hat und ein Kind in diesen Kreis hineingeboren wird. Dies gilt nicht, wenn der Erblasser nur die ihm bekannten Kinder gemeint hat.

 

Rz. 7

Entfällt der potenziell Bedachte vor dem Erbfall, kommt er aufgrund entsprechender Anwendung des § 2160 BGB für die Auswahl nicht mehr in Betracht. Insbesondere treten auch nicht seine Erben an seine Stelle. Nicht ausgeschlossen ist jedoch eine Ersatzberufung, bspw. nach § 2069 BGB (Abkömmlinge des Erblassers). Grundsätzlich sind insoweit die §§ 20662071 BGB zu beachten.

[3] Vgl. Bsp. bei Lange/Kuchinke, § 29 III 2 b.
[4] RG v. 13.5.1919 – VII 89/19, RGZ 96, 15–20.
[5] Staudinger/Otte, § 2151 Rn 3.
[6] RG v. 13.5.1919 – VII 89/19, RGZ 96, 15–20.
[7] Staudinger/Ott...

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