Gesetzestext

 

1Hat der Vorerbe einen Erbschaftsgegenstand für sich verwendet, so ist er nach dem Eintritt der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber zum Ersatz des Wertes verpflichtet. 2Eine weitergehende Haftung wegen Verschuldens bleibt unberührt.

A. Normzweck

 

Rz. 1

Wie bereits aus den §§ 2111 Abs. 1 S. 1, 2133 BGB folgt, gebühren dem nicht befreiten Vorerben lediglich die Nutzungen (§ 100 BGB) der Erbschaft; der Stammwert ist dem Nacherben zugewiesen. Die Vorschrift gewährt dem Nacherben daher in S. 1 einen Anspruch auf Wertersatz für Substanzverluste, die der Vorerbe durch eigennützige Verwendung von zum Stamm der Erbschaft gehörenden Vermögensgegenständen herbeigeführt hat; zu diesen zählen grds. auch die nach dem Erbfall hinzugekommenen Surrogate.[1] Der Wertersatzanspruch tritt an die Stelle des verwendeten Gegenstandes, ist sein Surrogat.[2] Aus der Anordnung der zusätzlichen Schadensersatzhaftung in S. 2 wird gefolgert, dass der Vorerbe kein (Wahl-)Recht hat, Erbschaftsgegenstände gegen Wertersatz für sich zu verwenden.[3] Vom Wertersatzanspruch kann der Erblasser befreien, § 2136 BGB. Den befreiten Vorerben trifft lediglich die Herausgabepflicht aus §§ 2138, 2111 BGB.[4]

 

Rz. 2

Hauptanwendungsfall der Vorschrift ist die eigennützige Verwendung von Geld (z.B. zur Begleichung eigener Schulden des Vorerben) und anderer verbrauchbarer Sachen (§ 92 BGB). Ein "Verwenden" i.S.d. Vorschrift ist auch die Einverleibung von Nachlassgegenständen durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung (§§ 946 BGB ff.), z.B. wenn der Vorerbe mit Nachlassmitteln auf eigenem Grundstück ein Haus errichtet.[5] Bei entgeltlichen Verfügungen tritt § 2134 BGB jedoch hinter § 2111 BGB zurück, denn dem Nacherben entsteht hier regelmäßig kein Nachteil, weil an die Stelle des veräußerten Gegenstandes die Gegenleistung als Surrogat tritt.[6] Die durch ordnungsgemäße Benutzung eines Nachlassgegenstandes herbeigeführten Veränderungen oder Verschlechterungen werden von § 2134 BGB nicht erfasst, auch wenn der Gegenstand durch den Gebrauch vollständig wertlos geworden ist;[7] nach § 2132 BGB haftet der Vorerbe hierfür nicht, es kommt daher auch kein Wertersatzanspruch in Betracht. Bei einer über § 2132 BGB hinausgehenden Abnutzung wird man indessen von einem Verwenden i.S.d. § 2134 BGB ausgehen können.[8] Bei unentgeltlichen Verfügungen, die unter § 2113 Abs. 2 BGB fallen, hat der Nacherbe bei Eintritt des Nacherbfalls die Wahl, ob er die Unwirksamkeit der Verfügung oder den Wertersatzanspruch gem. § 2134 BGB geltend machen will.[9]

[1] MüKo/Grunsky, § 2134 Rn 1; Staudinger/Avenarius, § 2134 Rn 3.
[2] RGRK/Johannsen, § 2134 Rn 1; Staudinger/Avenarius, § 2134 Rn 1.
[3] MüKo/Grunsky, § 2134 Rn 1.
[4] BGH NJW 1983, 2874; BGH NJW 1977, 1631.
[5] Staudinger/Avenarius, § 2134 Rn 2.
[6] BGHZ 40, 115, 124 = NJW 1963, 2320.
[7] MüKo/Grunsky, § 2134 Rn 3; Staudinger/Avenarius, § 2134 Rn 3.
[8] MüKo/Grunsky, § 2134 Rn 3.
[9] MüKo/Grunsky, § 2134 Rn 2.

B. Wertersatz

 

Rz. 3

Der Ersatzanspruch des Nacherben richtet sich nach dem objektiven Wert des verwendeten Nachlassgegenstandes im Zeitpunkt der Verwendung, denn dieser Wert wäre auch für die Höhe der Gegenleistung maßgebend, die bei entgeltlicher Verfügung gem. § 2111 BGB als Surrogat in den Nachlass gefallen wäre.[10] Die Ersatzpflicht tritt jedoch erst mit dem Nacherbfall ein. Zuvor kann der Nacherbe lediglich nach den §§ 21272129 BGB vorgehen, wenn die Verwendung die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Nacherbenrechte begründet.

[10] Soergel/Harder-Wegmann, § 2134 Rn 2; MüKo/Grunsky, 2134 Rn 4.

C. Schadensersatzhaftung

 

Rz. 4

Der Wertersatzanspruch setzt kein Verschulden voraus. Bei Vorliegen eines Verschuldens haftet der Vorerbe gem. S. 2 darüber hinaus auf Schadensersatz, muss also auch einen über den Wert des verwendeten Gegenstandes hinausgehenden Schaden, etwa aufgrund zwischenzeitlicher Wertsteigerungen[11] oder der Entwertung des übrigen Nachlasses, z.B. durch Herausnahme eines Stücks aus einer Sammlung,[12] ersetzen.

[11] MüKo/Grunsky, § 2134 Rn 5.
[12] Staudinger/Avenarius, § 2134 Rn 5; Soergel/Harder-Wegmann, § 2134 Rn 4.

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