Rz. 6

Verletzt der Vorerbe seine Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung, ist er dem Nacherben gegenüber schadensersatzpflichtig. Insoweit kommt dem Vorerben die Haftungserleichterung des § 2131 BGB zugute (diligentia quam in suis, vgl. § 277 BGB), die jedoch nur für die allg. Verwaltungspflicht des Vorerben, nicht aber für die ihm von Gesetzes wegen – z.B. gem. §§ 21162119 BGB – obliegenden Einzelpflichten gilt. Ordnungsgemäße Verwaltung fordert die Erhaltung des Nachlasses nach seiner Wertsubstanz, nicht nach den konkreten Gegenständen.[17] Maßgebend für die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung ist deren Gesamtergebnis (siehe Rdn 1). Wenn sich ordnungswidrige Maßnahmen im Gesamtergebnis nicht niederschlagen, weil der Vorerbe deren Auswirkungen durch besondere Anstrengungen kompensiert hat, ist für einen Schadensersatzanspruch kein Raum.[18] (Zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit einzelner Verwaltungsmaßnahmen siehe § 2120 Rdn 5 ff.). Der Schadensersatzanspruch des Nacherben entsteht erst mit dem Nacherbfall.[19] Davor kann der Nacherbe nur nach den §§ 21272129 BGB vorgehen.[20]

 

Rz. 7

Führt der Vorerbe ein Unternehmen des Erblassers fort, schuldet er im Rahmen seiner Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung eine unternehmerische Leitung, um das Unternehmen auf dem Stand zu halten, auf dem er es übernahm.[21] Welche Maßnahmen er hierzu unter Beachtung der unternehmerüblichen Sorgfalt zu ergreifen hat, etwa Rückstellungen, Investitionen, Rationalisierungen, entscheidet der Einzelfall.[22] Der Vorerbe, der aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel (bei der Eintrittsklausel steht dem Vorerben das Wahlrecht nach § 139 HGB nicht zu)[23] die Nachfolge eines persönlich haftenden Gesellschafters antritt, kann ohne Beschränkung durch § 2130 BGB gem. § 139 Abs. 1 HGB frei wählen, ob er persönlich haftender Gesellschafter bleibt oder seinen Verbleib in der Gesellschaft von der Einräumung einer Kommanditistenstellung abhängig macht.[24] Hat er die Kommanditistenstellung gewählt, ist der Nacherbe hieran gebunden.[25] Bei Fortführung eines zum Nachlass gehörenden Handelsunternehmens unter der bisherigen Firma haftet der Nacherbe gem. § 27 HGB für alle vom Vorerben begründeten Geschäftsverbindlichkeiten, unabhängig davon, ob ihre Eingehung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung erfolgte oder nicht.[26] (Näher zur Vor- und Nacherbschaft im Unternehmensbereich siehe § 2100 Rdn 35 ff.).

[17] Staudinger/Avenarius, § 2130 Rn 8.
[18] Staudinger/Avenarius, § 2130 Rn 3; MüKo/Grunsky, § 2130 Rn 6.
[19] Vgl. nur Staudinger/Avenarius, § 2130 Rn 5.
[20] MüKo/Grunsky, § 2130 Rn 6.
[21] v. Godin, Nutzungsrecht, S. 78 ff.; Baur/Grunsky, ZHR 133, 209, 212; Staudinger/Avenarius, § 2130 Rn 9; Soergel/Harder-Wegmann, § 2130 Rn 3.
[22] Staudinger/Avenarius, § 2130 Rn 9.
[23] Petzoldt, BB 1975, Beil. 6, S. 10.
[24] Petzoldt, BB 1975, Beil. 6, S. 11; Michalski, DB 1987, Beil. 16, S. 1, 13.
[25] BGHZ 69, 47, 52 = NJW 1977, 1540.
[26] BGHZ 32, 60 = NJW 1960, 959.

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