Gesetzestext

 

(1)Wird dem Vorerben die Verwaltung nach der Vorschrift des § 1052 entzogen, so verliert er das Recht, über Erbschaftsgegenstände zu verfügen.

(2)1Die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. 2Für die zur Erbschaft gehörenden Forderungen ist die Entziehung der Verwaltung dem Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung Kenntnis erlangt oder wenn ihm eine Mitteilung von der Anordnung zugestellt wird. 3Das Gleiche gilt von der Aufhebung der Entziehung.

A. Übergang der Verfügungsbefugnis

 

Rz. 1

Mit der Entziehung der Verwaltung gem. § 2128 BGB i.V.m. § 1052 BGB verliert der Vorerbe zugleich die Befugnis, über die Nachlassgegenstände zu verfügen, Abs. 1. Die Verfügungsbefugnis geht auf den Verwalter in der Form über, in der sie der Vorerbe innehatte; dies kann u.U. für einzelne Befreiungen (§ 2136 BGB) bedeutsam sein.[1] Auch bleibt die Notwendigkeit einer Zustimmung des Nacherben nach §§ 2113 ff. BGB, deren Erteilung erforderlichenfalls vom Verwalter nach § 2120 BGB verlangt werden kann, bestehen. Der Übergang der Verfügungsbefugnis erfolgt mit Vollstreckbarkeit der sie anordnenden Entscheidung (§§ 793, 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Nach diesem Zeitpunkt vom Vorerben vorgenommene Verfügungen sind allen gegenüber unwirksam, doch können der Verwalter und auch der Nacherbe, in dessen alleinigem Interesse die Verfügungsbeschränkung besteht, diese Verfügungen gem. § 185 Abs. 2 BGB genehmigen.[2] Die Verwaltung ist auf Antrag des Verwalters oder des Nacherben (§§ 13, 22 GBO) oder auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts (§ 38 GBO)[3] in das Grundbuch einzutragen; amtswegige Eintragung erfolgt nicht.[4] Das Nutzungsrecht des Vorerben (§ 2111 BGB) wird von der Zwangsverwaltung nicht berührt. Die Nutzungen sind ihm vom Verwalter herauszugeben,[5] der Gebrauch der Nachlassgegenstände ist ihm zu gestatten.[6]

 

Rz. 2

Zum Zweck der Ausübung des Verwaltungsrechts kann der Verwalter vom Vorerben die Herausgabe des Nachlasses verlangen. Der Beschluss über die Entziehung der Verwaltung dient insoweit nach h.M. als Vollstreckungstitel, wenn die herauszugebenden Gegenstände in ihm einzeln aufgeführt sind.[7] Andernfalls muss das Vollstreckungsgericht einen entsprechenden Ergänzungsbeschluss erlassen.[8]

[1] Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 3.
[2] RGRK/Johannsen, § 2129 Rn 2; Soergel/Harder-Wegmann, § 2129 Rn 1; MüKo/Grunsky, § 2129 Rn 1; Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 6.
[3] Lange/Kuchinke, § 28 V 6b; Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 8.
[4] MüKo/Grunsky, § 2129 Rn 3.
[5] Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 5.
[6] MüKo/Grunsky, § 2129 Rn 1.
[7] Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 4; Soergel/Harder-Wegmann, § 2129 Rn 2.
[8] Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 4; Soergel/Harder-Wegmann, § 2129 Rn 2; a.A. MüKo/Grunsky, § 2129 Rn 2, der unter Hinw. auf die Rechtslage bei der Besitzergreifung des Insolvenzverwalters eine Auflistung herauszugebender Gegenstände für entbehrlich hält; notfalls sei im Erinnerungsweg, § 766 ZPO, zu klären, welche Gegenstände zur Erbschaft gehören.

B. Gutglaubensschutz

 

Rz. 3

Abs. 2 erklärt die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, für entsprechend anwendbar. Eine unmittelbare Anwendbarkeit dieser Vorschriften scheidet aus, weil der Vorerbe auch nach Entziehung der Verwaltung Berechtigter bzgl. der Nachlassgegenstände bleibt.[9] Dies bedeutet, dass ausnahmsweise – wie auch bei § 2113 Abs. 3 BGB – der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis geschützt wird, der Erwerber also unter den Voraussetzungen der §§ 892 ff., 932 ff. BGB so gestellt wird, als sei der Vorerbe nach wie vor verfügungsbefugt. Bei beweglichen Sachen setzt der Gutglaubensschutz voraus, dass der Erwerber die Anordnung der Zwangsverwaltung ohne grobe Fahrlässigkeit nicht kennt (§ 932 Abs. 2 BGB). Bei Grundstücksrechten ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, wenn entweder der Erwerber positive Kenntnis von der Zwangsverwaltung hat oder diese im Grundbuch eingetragen ist (§ 892 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Erbschein schützt den Erwerber nicht, da die Anordnung der Zwangsverwaltung nicht zu den gem. § 2366 BGB im Erbschein aufzuführenden Beschränkungen gehört.[10]

[9] Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 7.
[10] Staudinger/Avenarius, § 2129 Rn 9; Soergel/Harder-Wegmann, § 2129 Rn 3; MüKo/Grunsky, § 2129 Rn 3.

C. Empfangszuständigkeit

 

Rz. 4

Abs. 2 S. 2, der den §§ 1070 Abs. 2, 1275 BGB entspricht, schützt den guten Glauben des Schuldners einer Nachlassforderung an die – ab Entziehung der Verwaltung nicht mehr gegebene – Empfangszuständigkeit des Vorerben. Die Entziehung der Verwaltung wird dem Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung Kenntnis erlangt oder ihm eine entsprechende Mitteilung zugestellt wird. Die vom Verwalter oder dem Nacherben zu betreibende Zustellung einer zur Zerstörung des Rechtsscheins geeigneten Mitteilung erfolgt nach § 132 BGB, §§ 192 ff. ZPO.[11] Die Vorschrift gilt nicht im Verhältnis zum Zessionar der Forderung.[12]

[11] MüKo/Grunsky, § 2129 Rn 4; Mitwirkung des Ge...

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