Rz. 1

Die Vorschrift gibt dem Nacherben bei begründeter Besorgnis einer Rechtsverletzung das Recht, Sicherheitsleistung vom Vorerben zu verlangen, wie dies gem. § 1051 BGB auch für das Verhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher gilt, und, falls die Sicherheit nach Verurteilung nicht fristgerecht geleistet wird, dem Vorerben die Verwaltung entziehen zu lassen, Abs. 2 mit § 1052 BGB. Die Rechtsverletzung muss erheblich sein, darf also nicht nur im Verhältnis zum Nachlasswert geringfügige Gegenstände betreffen (vgl. § 2127 Rdn 2). Geschütztes Recht ist der Herausgabeanspruch des Nacherben gem. § 2130 BGB[1] und dasjenige auf Anfall der Nacherbschaft aus § 2139 BGB. Von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung kann gem. § 2136 BGB Befreiung erteilt werden.

 

Rz. 2

Die Besorgnis der Rechtsverletzung muss aus dem Verhalten des Vorerben oder aus dessen ungünstiger Vermögenslage resultieren. Ein gefährdendes Verhalten kann regelmäßig dann angenommen werden, wenn der Vorerbe den Beschränkungen und Verpflichtungen der §§ 2113, 2114, 2116 ff. BGB zuwiderhandelt (z.B. unentgeltliche Verfügungen vornimmt).[2] Auch die Unterlassung der Geltendmachung von zur Erbschaft gehörenden Rechten[3] oder unrichtige Angaben in einem Nachlassverzeichnis können die Besorgnis einer Rechtsverletzung begründen. Nach h.M. braucht das Verhalten des Vorerben weder schuldhaft[4] noch pflichtwidrig zu sein;[5] so kann auch die schlechte Verwaltung eines anderen Vermögens, insbesondere des freien Vermögens des Vorerben, einen Anspruch auf Sicherheitsleistung auslösen.[6] Im Allgemeinen dürfte ein nicht vorwerfbares Verhalten jedoch nur selten die Besorgnis einer Rechtsverletzung begründen.[7] Nicht gerechtfertigt ist die Besorgnis, wenn der Nacherbe einer Verfügung des Vorerben nach § 2120 BGB zustimmen muss.[8]

 

Rz. 3

Anders als bei § 2127 BGB kann auch eine ungünstige Vermögenslage des Vorerben die Besorgnis der Rechtsverletzung begründen. Dies ist dann der Fall, wenn zu befürchten ist, dass Gläubiger des Vorerben in Nachlassgegenstände vollstrecken, oder wenn das Vermögen des Vorerben nicht ausreicht, um bereits entstandene Ersatzansprüche des Nacherben abzudecken.[9] Die bloße Überschuldung reicht jedoch nicht aus.[10] Ob die ungünstige Vermögenslage des Vorerben schon beim Erbfall gegeben oder erst später eingetreten ist, spielt ebenso wenig eine Rolle wie die Ursache hierfür;[11] nur die Tatsache der ungünstigen Vermögenslage selbst muss objektiv feststehen.[12]

[1] Einschl. der Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB, nicht jedoch sonstiger Schadensersatzansprüche, die die Nachlassmasse während der Vorerbschaft vergrößerten, OLG Schleswig ZEV 2018, 749.
[2] Staudinger/Avenarius, § 2128 Rn 3; Soergel/Harder-Wegmann, § 2128 Rn 2.
[3] MüKo/Grunsky, § 2128 Rn 1.
[4] RG JW 1920, 380; Staudinger/Avenarius, § 2128 Rn 4 m.w.N.
[5] RG SeuffA 74 Nr. 34; a.A. MüKo/Grunsky, § 2128 Rn 1 m. Darstellung des Streitstandes in Fn 2.
[6] RG Warn 1922 Nr. 17; RGRK/Johannsen, § 2128 Rn 3; Staudinger/Avenarius, § 2128 Rn 3; MüKo/Grunsky, § 2128 Rn 1; Soergel/Harder-Wegmann, § 2128 Rn 2.
[7] Soergel/Harder-Wegmann, § 2128 Rn 1.
[8] RGZ 149, 65, 68.
[9] Soergel/Harder-Wegmann, § 2128 Rn 3; Staudinger/Avenarius, § 2128 Rn 6.
[10] MüKo/Grunsky, § 2128 Rn 2.
[11] Vgl. dazu Prot. V, S. 124; RGRK/Johannsen, § 2128 Rn 4; MüKo/Grunsky, § 2128 Rn 2; Staudinger/Avenarius, § 2128 Rn 6; Soergel/Harder-Wegmann, § 2128 Rn 3.
[12] Staudinger/Avenarius, § 2128 Rn 6.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge