Rz. 11

Umstritten ist, ob gem. § 2069 BGB die Abkömmlinge des zunächst bedachten Abkömmlings einem ausdrücklich berufenen Ersatzerben vorgehen. Dies wurde teilweise mit der einschränkenden Begründung bejaht, dass der Erblasserwille regelmäßig dahingehe, einen berufenen Ersatzerben erst beim Aussterben des gesamten Stammes des zunächst bedachten Erben zum Zuge kommen zu lassen.[31] Das BayObLG hält diese Frage nicht für pauschal beantwortbar, sondern immer für eine Auslegungssache im konkreten Fall.[32] Allerdings ist das Argument von Loritz nicht von der Hand zu weisen, dass der Erblasser sich bei einer ausdrücklichen Ersatzerbenbestimmung konkrete Gedanken über die ersatzweise getroffene Erbeinsetzung gemacht hat, so dass i.d.R. eine Anwendung von § 2069 BGB abzulehnen ist.[33] In der Praxis sollte daher größtes Gewicht auf eine ausdrückliche und eindeutige Regelung gelegt werden.[34]

[31] Soergel/Damrau, 11. Aufl., § 2096 Rn 3; Staudinger/Otte, 12. Bearbeitung (2003), § 2096 Rn 2; a.A. MüKo/Schlichting, 5. Aufl. (2010), § 2096 Rn 8; MüKo/Leipold, § 2069 Rn 17; Soergel/Loritz, § 2096 Rn 3; Musielak, ZEV 1995, 5; Diederichsen, NJW 1965, 671.
[32] BayObLG ZEV 1995, 25 = FamRZ 1994, 783; jetzt auch Staudinger/Otte, § 2096 Rn 3; Müko/Rudy, § 2096 Rn 8. Vgl. dazu aus der neueren Rspr.: OLG München ZErb 2011, 336 = ErbR 2011, 379 = FamRZ 2012, 9; Vorrang der individuellen Auslegung: OLG Celle ZEV 2013, 204 m. Anm. Otte.
[33] Soergel/Loritz, § 2096 Rn 3 a.E.; Lange, Erbrecht, Kap. 6 Rn 39.
[34] Vgl. den Vorschlag von Nieder, ZEV 1996, 241.

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