a) Das gesamte Vermögen wird verteilt

 

Rz. 32

Sofern von einem Nachlass, der im Wesentlichen aus einem Bankvermögen von rd. 69.000 DM besteht, an vier Töchter und sechs Enkel je 5.000 DM verteilt werden und "das darüber Vorhandene" bei der Familie G (Familie einer der vier Töchter) verbleiben soll, so soll darin eine Erbeinsetzung der "Familie G" sowie die Zuwendung von Vermächtnissen an die übrigen Abkömmlinge gesehen werden (siehe andererseits den Fall Rdn 34).[63]

b) Es wird nicht das gesamte Vermögen verteilt

 

Rz. 33

Werden bei einem Bankvermögen von rd. 50.000 EUR und taggenauer Wiedergabe der Kontostände Beträge von jeweils rd. 10.000 EUR verteilt, soll die Formulierung "und was noch übrig ist" nicht ausreichen, um eine Erbeinsetzung für einen Nachlass mit im Testament nicht erwähnter Immobilie (Wert 300.000 EUR bis 690.000 EUR) anzunehmen (Folge im Fall: Vermächtnisanordnungen und gesetzliche Erbfolge; vgl. aber den Fall Rdn 41).[64]

 

Rz. 34

Ebenso soll es sich verhalten, wenn nur Bankvermögen vorhanden ist und bei einem Nachlass von rd. 400.000 EUR jeweils Beträge von 5.000 EUR bzw. 2.500 EUR an sechs familienfremde (gute) Bekannte verteilt werden mit dem Zusatz "Sollte noch ein Restbetrag übrig bleiben, so bitte ich diesen unter den Vorgenannten [die sechs Bekannten] aufzuteilen." Das im Testament nicht verteilte Bankvermögen sollte noch zu Lebzeiten an karitative Einrichtungen verteilt werden. Entgegen den Vorinstanzen – die eine Erbeinsetzung der benannten Personen entsprechend dem Verhältnis der Geldbeträge annahmen – sah das OLG München in der Verteilung der Geldbeträge keine Erbeinsetzung, sondern Vermächtnisanordnungen.[65] Das OLG nahm gesetzliche Erbfolge an, weil über einen wesentlichen Teil des Vermögens im Testament nicht verfügt worden sei. Obwohl es sich bei den gesetzlichen Erben um entferntere Verwandte (möglicherweise in den USA lebend) handelte, die der Erblasserin nicht bekannt waren, sah das OLG auch keine Möglichkeit, im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung die Verteilung der Geldbeträge als Erbeinsetzung zu werten (Grund: keine unbewusste, planwidrige Lücke; vgl. aber andererseits den Fall Rdn 41).[66]

[64] OLG München ZErb 2010, 263 (auszugsweise) = FamRZ 2010, 157 (vollständig).
[65] Es liege völlig fern und könne ohne Weiteres ausgeschlossen werden, dass […]. Es liege auf der Hand, dass […].
[66] OLG München ZErb 2010, 217 = FamRZ 2010, 1941 m. zust. Anm. Reimann.

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