Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung eines Teilerbscheins. Testamentsauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Es gibt keine Regel, wonach die Zuwendung des – nach Zuwendungen bestimmter Geldbeträge – übrig bleibenden Vermögens nur dann als eine Erbeinsetzung angesehen werden könne, wenn dieses Restvermögen die anderweitigen Verfügungen wertmäßig übersteigt oder ihnen zumindest gleichkommt.

 

Normenkette

BGB § 133

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 07.02.2001; Aktenzeichen 60 T 313/01)

AG Eggenfelden (Aktenzeichen VI 932/98)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 7. Februar 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 1.677,80 EUR (3.281,50 DM) festgesetzt.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.677,80 EUR (3.281,50 DM) abgeändert.

 

Tatbestand

I.

Die 1998 im Alter von 86 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet. Ihr Nachlaß besteht im wesentlichen aus Bankguthaben im Wert von rund 69.000 DM. Mit eigenhändigem Testament vom 8.6.1994 hatte sie verfügt, daß an ihre vier Töchter „je 5.000 DM verteilt werden” und ihre sechs Enkelkinder „auch jedes 5.000 DM erhalten. Das darüber vorhandene bleibt bei Familie G.”. Gemeint ist die Familie einer Tochter (Beteiligte zu 1), in deren Haus die Erblasserin gelebt hatte.

Am 29.11.2000 beantragte eine Tochter (Beteiligte zu 4), ihr einen Teilerbschein zu erteilen, wonach sie die Erblasserin zu 1/4 beerbt habe. Sie vertrat die Meinung, daß nicht die „Familie G.” (die Beteiligten zu 1 bis 3), sondern die vier Töchter die Erblasserin zu gleichen Teilen beerbt hätten; entweder sei das Testament vom 8.6.1994 in diesem Sinne auszulegen, oder das Testament vom 8.6.1994 enthalte keine Erbeinsetzung, so daß die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei.

Das Nachlaßgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 4 mit Beschluß vom 8.12.2000 zurückgewiesen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen diesen Beschluß hat das Landgericht Landshut mit Beschluß vom 7.2.2001 zurückgewiesen.

Mit der weiteren Beschwerde gegen diesen Beschluß verfolgt die Beteiligte zu 4 ihren Erbscheinsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und 4, § 20 FGG) hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht nimmt zunächst Bezug auf die von ihm gebilligten Ausführungen des Nachlaßgerichts. Dieses hatte ausgeführt, wer als Erbe eingesetzt werden sollte, sei durch Auslegung des Testaments zu ermitteln, da dieses hierzu keine eindeutige Aussage enthalte. Die Zuwendungen von jeweils 5.000 DM an alle vier Töchter und sechs Enkel seien bei einem Aktivnachlaß von ca. 70.000 DM als Vermächtnisse anzusehen. In der abschließenden Regelung des Testaments – „Das darüber vorhandene bleibt bei Familie G.” – liege dagegen eine Erbeinsetzung. Das Landgericht fügt dem hinzu, das Ziel der Beschwerdeführerin, mit mehr als 5.000 DM, nämlich zu 1/4 am Nachlaß zu partizipieren, stehe in eindeutigem Widerspruch zum Willen der Erblasserin, nämlich zu der Anordnung, daß die nach Erfüllung der Vermächtnisse verbleibenden Guthaben der Familie G. zustehen sollen. Aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 16.7.1991 ergebe sich nicht, daß im vorliegenden Fall die Annahme, die „Familie G.” – Tochter, Schwiegersohn und Enkel zu gleichen Teilen, wie das Nachlaßgericht angenommen habe, oder aber, was durchaus auch in Betracht komme, nur die Tochter – sei als Erbe eingesetzt worden, nicht möglich sei. Der „Rest” mache nach den Berechnungen der Beschwerdeführerin deutlich mehr als 1/4 der Erbmasse aus.

Die Rechtsbeschwerde vertritt demgegenüber die Meinung, die abschließende Anordnung des Testaments könne „nach den vom Bayerischen Obersten Landesgericht (FamRZ 1990, 1399 ff.) festgestellten Grundsätzen” nicht als Erbeinsetzung gewertet werden, weil „das darüber vorhandene” Vermögen auch zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nur aus ca. 20.000 DM bestanden, also noch nicht einmal 1/3 des Gesamtvermögens ausgemacht habe. Der Familie G. sei lediglich ein geringer Betrag des Nachlaßvermögens vermacht worden. Mangels sonstiger Erbeinsetzung greife die gesetzliche Erbfolge ein.

2. Die Testamentsauslegung der Vorinstanzen hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO n.F.) stand.

a) Die Auslegung eines Testaments ist Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand – z.B. ein Teil des Testamentswortlauts – übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf ve...

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