Rz. 9

Eine Analogie wird allg. dann bejaht, wenn anstelle des Begriffes "Kinder" die Bezeichnung "Söhne" oder "Töchter" gewählt wurde und eine dieser Personen vorverstorben ist.[14] Führt der Erblasser seine Kinder zusätzlich alle ("meine Kinder A, B und C") oder auch nur einen Teil namentlich auf, ist § 2068 BGB auch entsprechend anzuwenden, jedoch nur dann, wenn der Erblasser vom Vorversterben eines Kindes keine Kenntnis hatte. Im Falle des Vorversterbens eines Kindes vor Testamentserrichtung, allerdings unter der weiteren Voraussetzung, dass der Erblasser vom Vorversterben keine Kenntnis hatte, findet § 2068 BGB analoge Anwendung.[15] In den Fällen, in denen der Erblasser Formulierungen wählt, die ein Kind oder mehrere ausschließen, wie z.B. "meine leiblichen Kinder", "meine ehelichen Kinder" oder "meine Kinder aus erster Ehe", findet § 2068 BGB ebenfalls Anwendung.[16]

 

Rz. 10

§ 2068 BGB kommt nicht ohne Weiteres zum Zuge, wenn den Kindern von dritten Personen etwas zugewandt worden ist.[17] Wurden die Kinder Dritter bedacht, ist dies ein Anhaltspunkt für eine Auslegung. Es ist nach allg. Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln, wobei auch Umstände herangezogen werden können, die außerhalb der Testamentsurkunde liegen, ob es dem Willen des Erblassers entspricht, dass an die Stelle des vorverstorbenen Kindes dessen Abkömmlinge treten.[18] Nach a.A. ist § 2068 BGB analog anzuwenden.[19] Auch im Falle des Dritten sei der Begriff "Kinder" auslegungsfähig und die Einbeziehung von Abkömmlingen entspreche auch hier typischerweise dem Erblasserwillen. Hat der Erblasser hingegen die Kinder des Dritten mit Namen bezeichnet, bleibt kein Raum für eine analoge Anwendung des § 2068 BGB. Diese Ansicht ist aber nicht zutreffend. Es kann nicht darauf geschlossen werden, dass für den Fall, dass der Erblasser die Kinder eines Dritten eingesetzt hat, er auch deren Stämme bedenken wollte. Häufig wird er die Kinder eines Dritten, im Gegensatz zu den Kindern seiner eigenen Abkömmlinge, nicht kennen. Es ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass es dem Willen des Erblassers entspricht, dass er ihm fremde Personen bedenken wollte. Dies kann allenfalls im Wege der Auslegung ermittelt werden. Für den Fall, dass die Kinder des Dritten namentlich benannt sind, kommt eine analoge Anwendung des § 2068 BGB ebenfalls nicht in Betracht.

 

Rz. 11

Hat der Erblasser seine Geschwister eingesetzt, ginge eine entsprechende Anwendung von § 2068 BGB zu weit. Hier ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Abkömmlinge an die Stelle des vorverstorbenen Geschwisterteils treten sollen.[20]

[14] MüKo/Leipold, § 2068 Rn 4; Soergel/Loritz, § 2068 Rn 2.
[15] MüKo/Leipold, § 2068 Rn 4; a.A. Staudinger/Otte, § 2069 Rn 5, der von einer entsprechenden Anwendung des § 2069 BGB ausgeht, jedoch selbst anmerkt, dass sowohl die analoge Anwendung des § 2068 BGB als auch die analoge Anwendung des § 2069 BGB zum gleichen Ergebnis führt.
[16] Staudinger/Otte, § 2068 Rn 2; BeckOK BGB/Litzenburger, § 2068 Rn 3.
[17] KG FamRZ 1991, 486, 489; Staudinger/Otte, § 2068 Rn 9.
[18] KG FamRZ 1991, 486, 489.
[19] MüKo/Leipold, § 2068 Rn 5; BeckOK BGB/Litzenburger, § 2068 Rn 4.
[20] MüKo/Leipold, § 2068 Rn 5; Soergel/Loritz, § 2068 Rn 14; v. Lübtow, Erbrecht I, S. 285 lässt hier nur die Umdeutung zu.

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