Gesetzestext

 

Die Anordnung einer Nachlassverwaltung kann von den Erben nur gemeinschaftlich beantragt werden; sie ist ausgeschlossen, wenn der Nachlass geteilt ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die von § 2062 BGB vorgesehene Modifikation des Antragsrechts aus § 1981 BGB auf Anordnung der Nachlassverwaltung trägt dem Umstand Rechnung, dass den Miterben das Recht zur Verwaltung des Nachlasses und zur Verfügung über die einzelnen Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich zusteht (§§ 2033 Abs. 2, 2038, 2040 BGB). Könnte der einzelne Miterbe oder eine Gruppe von Miterben hier die Anordnung der Nachlassverwaltung beantragen, könnte er bzw. diese Gruppe "im Alleingang" auch den übrigen Miterben, die die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten selbst bewerkstelligen möchten, deren Befugnis zur Verwaltung des Nachlasses und Verfügung über diesen entziehen lassen (§ 1984 Abs. 1 S. 1 BGB), was über Hs. 1 verhindert werden soll.[1] Umgekehrt indes ist eine auf Antrag der Erben angeordnete Nachlassverwaltung aufzuheben, wenn der Verfahrenszweck der Verwaltung durch Erfüllung aller bekannten Nachlassverbindlichkeiten erledigt ist und zumindest einer der Miterben die Aufhebung der Verwaltung beantragt.[2]

 

Rz. 2

Da eine einvernehmliche Beantragung der Nachlassverwaltung aber oft nicht erreicht werden kann, billigt § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB dem einzelnen Erben bis zur Teilung ein Haftungsbeschränkungsrecht auf seinen Anteil am Nachlass zu. Mit der Teilung geraten sowohl dieses Haftungsbeschränkungsrecht wie auch die Möglichkeit einer Anordnung der Nachlassverwaltung in Wegfall. Hierdurch soll der Druck auf die Miterben erhöht werden, vor der Teilung sämtliche Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen (§ 2046 Abs. 1 BGB).

[1] Staudinger/Marotzke, § 2062 Rn 1.

B. Tatbestand

 

Rz. 3

Das Antragsrecht für die Anordnung der Nachlassverwaltung (§ 1981 BGB) steht den Miterben (auch als Erbeserben)[3] nur gemeinsam zu. Überträgt ein Miterbe seinen Erbteil nach § 2033 Abs. 1 BGB auf einen Dritten, bedarf die Anordnung der Nachlassverwaltung seiner Zustimmung anstelle derjenigen des veräußernden Miterben, da der Dritte auch hinsichtlich der Verwaltungsrechte an dem Nachlass in die Rechtsstellung des veräußernden Erben einrückt.[4] Gleiches gilt, wenn ein Erbteil nach § 859 Abs. 2 ZPO durch einen Gläubiger des Miterben gepfändet wird; auch dann bedarf der Antrag des Einverständnisses des Pfändungsgläubigers.[5] Ein Nachlassinsolvenzverfahren kann hingegen jeder einzelne Miterbe beantragen (§ 317 Abs. 1 u. 2 InsO). Der Rechtsgedanke des § 2062 BGB tritt hier im Hinblick darauf zurück, dass die Miterben ohnehin nach § 1980 Abs. 1 BGB eine Beantragungspflicht bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses trifft.[6]

 

Rz. 4

Haftet auch nur ein Miterbe gegenüber allen Nachlassgläubigern (vgl. § 2013 Abs. 2 BGB) unbeschränkbar, ist der Antrag unzulässig.[7] Erforderlich wäre nämlich eine Antragstellung durch sämtliche Miterben, an welcher der unbeschränkbar haftende Miterbe nach § 2013 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB gehindert ist. Zwar findet sich im Schrifttum auch der Ansatz,[8] der Regelungsgehalt des § 2062 BGB erschöpfe sich in dem Zweck, dass ein Erbe seinen Miterben, die die Erbschaftsregulierung selbst durchführen wollen, nicht seinen Willen aufdrängen könne. § 2062 BGB resultiere also aus Besonderheiten des Innenverhältnisses der Miterben, nicht aber aus deren Haftung im Außenverhältnis, so dass sich der Verlust des Antragsrechts des einen Miterben auch nicht zum Nachteil der übrigen auswirken dürfe. Diese – sich auf die Motive des historischen Gesetzgebers berufende – Auffassung überschreitet jedoch die Grenzen, die das Zusammenspiel von § 2062 BGB u. § 2013 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB in ihrem Wortlaut setzen. Danach wird gerade eine gemeinschaftliche Antragstellung sämtlicher Miterben gefordert, zu der der eine, unbeschränkt haftende Miterbe nicht mehr berechtigt ist. Da die übrigen Miterben hier weiterhin die Haftungsbeschränkung des § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB sowie das Recht auf Aufschub der Auseinandersetzung nach § 2045 BGB geltend machen können, sind sie auch nicht als so schutzlos anzusehen, dass man im Wege der teleologischen Reduktion gegen den Wortlaut der gesetzlichen Regelungen ihre Interessen wahren müsste.

 

Rz. 5

Die Antragstellung kann grundsätzlich nicht durch Mehrheitsbeschluss erzwungen werden.[9] Da durch die Anordnung der Nachlassverwaltung den Miterben gerade die Verwaltungsmöglichkeiten genommen werden, betrifft diese Entscheidung das Grundverhältnis der Erbengemeinschaft und stellt somit keine, grundsätzlich einer Mehrheitsentscheidung zugängliche (§§ 745 Abs. 1, 2038 Abs. 2 BGB) Verwaltungsmaßnahme dar. Das Einverständnis sämtlicher Miterben muss noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Nachlassgerichts über die Anordnung der Nachlassverwaltung vorliegen. Der ursprünglich gemeinschaftliche, noch nicht beschiedene Antrag wird somit hinfällig, wenn ein Miterbe den Antrag zurücknimmt oder zwischenzeitlich unbeschränkt haftet.[10]

 

Rz. 6

Ist ein Miterbe gleic...

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