Gesetzestext

 

Die Erben haften für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der in § 2058 BGB niedergelegte Grundsatz der persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung der Miterben tritt neben die gesamthänderische Haftung der Erben nach § 2059 Abs. 2 BGB. Durch jene Haftung des einzelnen Miterben soll sichergestellt werden, dass dieser auf eine Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten vor Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hinwirkt (vgl. § 2046 Abs. 1 S. 1 BGB)[1] und der Gläubiger durch den Tod seines Schuldners nicht schlechter gestellt wird.[2] Eine nur anteilige Haftung der einzelnen Miterben hätte für den Gläubiger nämlich neben dem Nachteil, bei verschiedenen Personen eine ursprünglich einheitliche Schuld eintreiben zu müssen, das weitergehende Risiko, dass trotz vererbter Vermögensmasse bei Zahlungsunfähigkeit eines Miterben die auf diesen entfallende Teilforderung uneinbringlich würde. Der einzelne Miterbe wiederum wird dadurch in seinen Interessen geschützt, dass er bis zur Auseinandersetzung die Nachlassgläubiger nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB in der Vollstreckung auf den ungeteilten Nachlass verweisen darf und nicht die gesamte Verbindlichkeit aus seinem Eigenvermögen zu begleichen braucht. Nach der Teilung bleibt dann seine gesamtschuldnerische Haftung bestehen, ohne dass die Privilegierung des § 2059 Abs. 1 BGB fortwirkt.

[1] Soergel/Wolf, § 2058 Rn 1.
[2] MüKo/Ann, § 2058 Rn 6.

B. Tatbestand

I. Allgemeines

 

Rz. 2

Im Außenverhältnis haften die Miterben grundsätzlich gesamtschuldnerisch. Diese Haftung tritt neben die gesamthänderische Haftung nach § 2059 Abs. 2 BGB und ist streng zu trennen von der Frage, mit welcher Masse der Miterbe haftet (beschränkt auf das Nachlassvermögen oder unbeschränkt auch mit seinem Eigenvermögen). Insoweit verbleibt es regelmäßig bei den allg. Vorschriften der §§ 1967 ff. BGB.

II. Gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten

1. Nachlassverbindlichkeiten

 

Rz. 3

Der Begriff der gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeit in § 2058 BGB entspricht demjenigen in § 1967 BGB.[3] Danach sind Nachlassverbindlichkeiten in erster Linie alle vom Erblasser herrührenden Schulden, die also bereits diesen trafen,[4] wobei sich diese "Schulden" nicht auf finanzielle Verbindlichkeiten beschränken (bspw. Verpflichtung zur Entsorgung abgelagerter Gegenstände[5]). Ebenfalls hierzu zählen die Nachlasserbenschulden,[6] also solche Verbindlichkeiten, die zwar erst nach dem Tod des Erblassers entstehen, mit dem von diesem hinterlassenen Vermögen aber in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Dies wird für Beerdigungskosten[7] (nicht aber spätere Grabpflegekosten[8]), Rechtsgeschäfte eines für sämtliche Erben bestellten Nachlasspflegers oder -verwalters (einschließlich von diesem veranlasster Prozessführungskosten[9]), Kosten einer testamentarisch angeordneten Wertermittlung eines zum Nachlass zählenden Grundstücks[10] ebenso anzunehmen sein wie für die anfallende Nutzungsentschädigung, wenn ein Miet- oder Pachtverhältnis aus Anlass des Todes beendet, der Miet- oder Pachtgegenstand aber seitens der Erben nicht zurückgegeben wird,[11] oder für einen sozialhilferechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der gegenüber dem Hilfeempfänger selbst noch nicht bestand.[12] Auch nach dem Tod des Berechtigten überzahlte Rente fällt hierunter, ohne dass in derartigen Fällen vorrangig die Empfänger bzw. Verfügenden oder das empfangende Geldinstitut auf Rücküberweisung in Anspruch zu nehmen wären.[13] Entsprechendes gilt für die Haftung aus einer vom Erblasser stammenden Verpflichtungserklärung zur Ermöglichung einer Einreise als Bürgerkriegsflüchtling.[14] Nur in Ausnahmefällen, nämlich für zur Erhaltung des Nachlasses notwendige Rechtsgeschäfte, gilt dies auch für Rechtshandlungen der Erben, da der einzelne Erbe regelmäßig nicht gesetzlicher Vertreter der übrigen Miterben ist.[15]

 

Rz. 4

Ein Anspruch wegen schlechter Verwaltung des Nachlasses (§ 1978 Abs. 1 BGB) gilt nach § 1978 Abs. 2 BGB als zum Nachlass gehörend. Es handelt sich also um keine Nachlassverbindlichkeit, sondern um eine persönliche Schuld der den Nachlass schlecht verwaltenden Miterben (Eigenverbindlichkeit), die dem Nachlass selbst als rechtlichem Sondervermögen zusteht.[16] Ebenfalls zu den Eigenverbindlichkeiten der Erben zählen Grundbesitzabgabenforderungen, wie Abfallentsorgungsgebühren, Abwassergebühren,[17] Straßenreinigungsgebühren und Grundsteuer, die nach dem Tod des Erblassers für ein zum Nachlass gehörendes Grundstück anfallen.[18]

 

Rz. 5

Verletzt ein Miterbe schuldhaft eine Nachlassverbindlichkeit, ist umstritten, ob die Belastung des Nachlasses mit der Primärschuld ausreicht, um auch für die durch den Miterben begründete Sekundärschuld den Zugriff auf den gesamten Nachlass zu eröffnen.[19] Zumindest für den Fall, dass ein Miterbe mit der Erfüllung einer nur gemeinschaftlich erfüllbaren Verbindlichkeit, also einer reinen Gesamthandsverbindlichkeit, in Verzug gerät, wird zwischenzeitlich aber allg. die Anwendbarkeit von § 425 BGB abgelehnt und eine Wirkung gegen den gesamten Nachlass anerkannt (Beispiel: Verzugsschaden als...

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