Rz. 11

Für diesen Fall ordnet § 2056 BGB – klarstellend – an, dass A zur Herausgabe eines Mehrempfangs nicht verpflichtet ist.[20]

 

Rz. 12

Exkursorisch zu den sonstigen Folgen: Die nominelle Erbquote wird nicht berührt. Der Betreffende behält – jedenfalls bis zum Vollzug der Auseinandersetzung – seine Miterbenstellung nebst Stimmrecht und Haftung für Nachlassverbindlichkeiten.[21] Im Innenverhältnis der Miterben kann er jedoch Freistellung von der Inanspruchnahme durch Nachlassgläubiger verlangen.[22] Nach der Auseinandersetzung soll bei einem Miterben, der i.R.d. Teilung nichts mehr erhalten hat, eine Haftungsbeschränkung eintreten können[23] und die Vollstreckung ausgeschlossen sein.[24]

 

Rz. 13

Ausnahme: Soweit die ausgleichungspflichtige Zuwendung § 2287 BGB unterfällt, bleibt der Empfänger trotz § 2056 BGB zur Erstattung verpflichtet, indessen nur soweit, wie die Erberwartung des Miterben durch die Zuwendung des Erblassers beeinträchtigt wurde.[25] Da der Anspruch aus § 2287 BGB in derartigen Konstellationen nicht auf Herausgabe, sondern auf Wertersatz gehen soll,[26] ist die Abrechnung in folgenden Stufen zu vollziehen:[27]

 

Beispiel

Abkömmlinge A und B
Vater = Erblasser durch Berliner Testament gebunden
Übertragung an A nach Tod der Mutter (sowohl § 2287 BGB als auch § 2050 Abs. 3 BGB unterfallend): indexierter Wert 500.000
Wert des Restnachlasses zum Sterbetag: 300.000
Teilungsmasse einschließlich des Bereicherungsanspruchs also: 800.000
hieraus Anteile von A und B je ½ mit 400.000
 

Rz. 14

Die Konkurrenz zwischen dem Bereicherungsanspruch, den A mit 500.000 zur Masse zu erfüllen hätte, und dem Ausgleichungsverfahren will der BGH offenbar durch eine abkürzende Saldierung lösen: es könne "ein begründeter Anspruch aus § 2287 BGB nicht höher sein als die durch die Schenkung herbeigeführte Beeinträchtigung des Schlusserben".[28] Per saldo dieser Positionen ergibt sich:

 

Beispiel

Anteil B: 400.000
Wert des Restnachlasses: 300.000
Noch offener Bereicherungsanspruch gegen A, wenn B vorab den gesamten Restnachlass enthält: 100.000
 

Rz. 15

Der Anspruch des B gegen A geht also auf Zuordnung des gesamten Restnachlasses an B ("Wenn der gesamte Restnachlass nicht ’mehr‘ enthält als der Bekl. aufgrund des Vertrages vom … schon hat, fällt das gesamte Restvermögen des Erblassers sogar vollständig an den Kl."[29]) und Zahlung von 100.000. Beim Zusammentreffen des Anspruchs aus §§ 818 ff., 2287 Abs. 1 BGB, Rechtsfolgenverweisung,[30] mit Ausgleichsansprüchen scheiden etwa noch mögliche Herausgabeansprüche aus und werden durch die oben dargestellte Saldierung ersetzt.[31]

 

Rz. 16

Problemfall: § 2325 BGB. Hatte die ausgleichungspflichtige Zuwendung reinen Schenkungscharakter – aber auch nur dann,[32] so kommen Pflichtteilsergänzungsansprüche in Betracht.[33] Eine Beschränkung des Anspruchs gem. § 2056 BGB erfolgt sodann nicht. Zu rechnen ist nach Maßgabe des folgenden Schemas:[34]

 

Beispiel

Abkömmlinge A bis H (8 Beteiligte)
Restnachlass: 0
Hofübergabe an A (= Schenkung): 200.000
Gleichstellungsgelder an B bis F (als Ausstattung anerkannt): 5 × 15.000 = 75.000
pflichtteils- und ausgleichungsrelevanter Nachlass (wörtlich: zur Ermittlung der Pflichtteilsergänzung ist "von einem unter Einrechnung sowohl der Schenkung als auch der Ausstattungsbeträge rechnerisch gebildeten Nachlass i.H.v. … auszugehen", siehe BGH NJW 1965, 1526, 1527 a.E.): Schenkungsanteil zugunsten von A: 200.000 ./. 75.000 Gleichstellungsgelder = 125.000
Ausstattungen (§ 2316 BGB): 75.000
zusammen 200.000
hieraus Erbteil je ⅛: 25.000
hierauf bei B bis F anzurechnen je 15.000 Vorempfang
ergibt ungedeckt 10.000
hieraus Pflichtteilsquote ½ = Anspruch gegen A: 5.000
Anspruch G und H gegen A: 25.000 × ½ Pflichtteilsquote = 12.500
[20] Zur ratio legis MüKo/Ann, § 2056 Rn 1; Staudinger/Löhnig, § 2056 Rn 1: Vermutet wird der Erblasserwille, dass die Zuwendung beim Empfänger verbleiben solle.
[21] Soergel/Wolf, § 2055 Rn 2; Staudinger/Löhnig, § 2055 Rn 15.
[22] Staudinger/Löhnig, § 2055 Rn 15; MüKo/Ann, § 2058 Rn 32.
[23] MüKo/Ann, § 2055 Rn 10 und § 2060 Rn 4.
[24] So Staudinger/Löhnig, § 2055 Rn 15 a.E.
[25] Soergel/Wolf, § 2055 Rn 2; BGH NJW-RR 1989, 259, 260.
[26] BGHZ 82, 274 = NJW 1982, 43 (LS 2).
[27] Fall vereinfacht nachgebildet BGH NJW-RR 1989, 259.
[28] BGH NJW-RR 1989, 259, 260.
[29] BGH NJW-RR 1989, 259, 260.
[30] Staudinger/Kanzleiter, § 2287 Rn 23.
[31] Näher Musielak in seiner Urteilsanm. in FamRZ 1989, 176.
[32] MüKo/Ann, § 2056 Rn 4.
[33] RGZ 77, 282; Soergel/Wolf, § 2056 Rn 2; Staudinger/Löhnig, § 2056 Rn 2.
[34] Fall vereinfacht nachgebildet nach BGH LM Nr. 5 zu § 2325 = NJW 1965, 1526; vgl. auch BGH NJW 1988, 821, 822 und ausführlich Kerscher/Kerscher, ZEV 2005, 295.

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