I. Abgrenzung Teilungsanordnung zum Vorausvermächtnis im Prozess

 

Rz. 37

Ist zwischen den Erben str., ob eine Teilungsanordnung vorliegt, so kann und sollte dies im Vorfeld der Auseinandersetzung durch Feststellungsklage geklärt werden (siehe hierzu auch § 2042 Rdn 60 f.). Geht es um die Abgrenzung zum Vorausvermächtnis, kann der Begünstigte vorab sogleich auf Erfüllung des Vermächtnisses klagen.

II. Beweislast

 

Rz. 38

Steht zwischen den Parteien das Vorliegen eine Teilungsanordnung im Streit, so gibt es keine Zweifelsregelung in der einen oder anderen Richtung: Es gelten die Grundsätze zur Pflicht der Testamentsauslegung durch das Gericht nach §§ 133, 2084 BGB mit dem Ziel, den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln.[97] Anhaltspunkte jenseits des reinen Wortlauts der letztwilligen Verfügung hat somit derjenige darzulegen und zu beweisen, der eine ihm günstige Auslegung – möglicherweise auch entgegen dem Wortlaut des Testaments – behauptet. Ist es streitig, ob der Erblasser eine Teilungsanordnung angeordnet hat, und führt die Auslegung zu keiner Überzeugungsbildung des Richters, so muss er sich "notfalls mit dem Sinn begnügen, der dem Erblasserwillen mutmaßlich am ehesten entspricht".[98] Gelangt der Tatrichter durch Auslegung zu dem Ergebnis, dass der Erblasser eine Teilungsanordnung verfügt hat, und ist in dem Testament hinsichtlich der Frage der Ausgleichung keinerlei Bestimmungen getroffen, so spricht dieses "Schweigen des Testaments für einen Wertausgleich".[99] Wer sich dagegen darauf beruft, dass er lediglich eine "vergünstigte" Ausgleichszahlung (geringeren Wertausgleich) zu leisten habe (also unter dem wahren Verkehrswert, im Sinne einer überquotalen Teilungsanordnung), muss mithin Umstände darlegen und beweisen, die zu einer Auslegung der letztwilligen Verfügung in diesem Sinne führen.

Wer sich darauf beruft, gar keine Ausgleichszahlung zu schulden, behauptet damit im Regelfall letztlich das Vorliegen eines Vorausvermächtnisses.[100] Er muss diejenigen Tatsachen darlegen und beweisen, die eine entsprechende für ihn günstige Auslegung der letztwilligen Verfügung stützen.[101]

 

Rz. 39

Eine Beweiserhebung über die offenbare Unbilligkeit ist nicht ausgeschlossen.[102] Sie muss sich jedoch auf die Frage beschränken, ob die Unbilligkeit für einen Sachkundigen offensichtlich war.[103]

[97] BeckOGK/Gierl, § 2084 BGB Rn 2; Baumgärtel/Kessen, Handbuch der Beweislast, § 133 Rn 3.
[99] BGH, Urt. v. 6.12.1989 – IVa ZR 59/88, Rn 29, juris; Palandt/Weidlich, § 2048 Rn 7.
[100] Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Ausgleichszahlung aus entsprechend genannten anderen Gründen verweigert wird (Aufrechnung u.Ä.).
[101] Baumgärtel/Schmitz, Handbuch der Beweislast, § 2048 Rn 1.
[102] BGHZ 4, 39, 44.
[103] RGZ 96, 57, 62; Palandt/Grüneberg, § 319 Rn 3; MüKo/Würdinger, § 319 Rn 13.

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