Gesetzestext

 

(1)Hat der Erbschaftsbesitzer zur Erbschaft gehörende Sachen herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an der Anspruch des Erben auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Untergangs oder einer aus einem anderen Grund eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe nach den Vorschriften, die für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten.

(2)Das Gleiche gilt von dem Anspruch des Erben auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruch des Erbschaftsbesitzers auf Ersatz von Verwendungen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Mit der Rechtshängigkeit des Erbschaftsanspruchs tritt eine Verschlechterung der Stellung des Erbschaftsbesitzers ein. Er muss nun damit rechnen, nicht Eigentümer der Nachlassgegenstände zu sein, und ist somit aufgefordert, die Nachlassgegenstände entsprechend zu verwalten. Seine Haftung und seine Ansprüche auf Ersatz der gemachten Verwendungen richten sich nun nach den Grundsätzen für das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Seine mit Eintritt der Rechtshängigkeit verschärfte Haftung erfasst den dinglichen Anspruch auf Herausgabe des unmittelbar Erlangten (§ 2018 BGB) und der Surrogate (§ 2019 BGB), sowie nach Abs. 2 auch den Anspruch auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen. Umstr. ist, ob Abs. 2 auch für den schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe der Früchte gilt[1] oder hier § 292 BGB anwendbar ist;[2] dies führt jedoch in beiden Fällen zur Anwendung der §§ 987, 989 BGB, so dass die Streitfrage keinerlei praktische Relevanz hat.

Wird der Anspruch auf § 2018 BGB oder § 2019 BGB gestützt, unterliegt er der 30-jährigen Verjährung des § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Gleiches gilt aber auch für den Fall, dass der Anspruch auf § 2020 BGB gestützt wird.

[1] So Soergel/Dieckmann, § 2023 Rn 2.
[2] So Staudinger/Gursky, § 2023 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Eintritt der Rechtshängigkeit

 

Rz. 2

Die Haftungsverschärfung beginnt mit der Rechtshängigkeit des Erbschaftsanspruchs. Diese tritt nach § 261 ZPO durch Klageerhebung (d.h. Zustellung der Klagschrift nach § 253 Abs. 1 ZPO) ein. Wird der Anspruch erst im Laufe des Prozesses erhoben, tritt Rechtshängigkeit mit seiner Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder mit der Zustellung eines den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Schriftsatzes ein. Die Mitteilung eines Prozesskostenhilfeantrags nach § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO reicht nicht aus.[3] Ebenfalls nicht ausreichend ist es, wenn der Erbschaftsbesitzer lediglich Beteiligter des Erbscheinserteilungsverfahrens nach den §§ 2353 ff. BGB, §§ 352 ff. FamFG ist.[4] Weder eine direkte Anwendung des § 2023 BGB noch eine analoge Anwendung komme hier in Betracht, da sowohl die Verfahrensgegenstände unterschiedlich seien als auch die Streitsache nicht rechtshängig i.S.d. § 261 ZPO, so Zeising. Dem ist zuzustimmen.

[3] Staudinger/Gursky, § 2023 Rn 4.
[4] Zeising, ZErb 2009, 172, 175.

II. Rechtshängigkeit des Erbschaftsanspruchs

 

Rz. 3

Entscheidend ist die Rechtshängigkeit des Erbschaftsanspruchs. Hierfür ist es ausreichend, dass der Kläger die Klage auch, aber nicht ausschließlich, auf den Erbschaftsanspruch gestützt hat, oder allg. auf "sein Erbrecht".[5] Die Rücknahme der Klage oder die rechtskräftige Klageabweisung beseitigen die durch die Rechtshängigkeit eingetretene Haftungsverschärfung rückwirkend; Gleiches gilt für einen abgeschlossenen Vergleich. Die Haftungsverschärfung tritt lediglich in dem Umfang ein, in dem der Erbschaftsanspruch rechtshängig geworden ist. Wird vom Erben nur ein Teil der sich im Besitz des Erbschaftsbesitzers befindlichen Nachlassgegenstände herausverlangt, tritt nur bzgl. dieser die verschärfte Haftung ein. Hier ist allerdings stets zu bedenken, dass mit der Erhebung der Klage über einen Teil der Nachlassgegenstände auch Bösgläubigkeit nach § 2024 BGB hinsichtlich des Rests eintreten kann.

[5] Staudinger/Gursky, § 2023 Rn 4.

C. Rechtsfolgen

I. Anwendung der Vindikationsvorschriften

1. Haftungsverschärfung

 

Rz. 4

Der Erbschaftsbesitzer haftet nach § 989 BGB dem Erben nun schuldhaft für alle Schäden, die ihm durch Verschlechterung, Untergang oder sonstige Unmöglichkeit der Herausgabe von streitbefangenen Erbschaftssachen entstehen.[6] Der Ersatzanspruch des Herausgabeberechtigten im Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe des Nachlassgegenstandes (hier: Aktiendepots) umfasst dessen Wert und den Gewinn, der ihm infolge des Unvermögens des Rückgewährpflichtigen zur Herausgabe entsteht.[7] Für die Wertbemessung ist der Zeitpunkt des Herausgabeverlangens maßgeblich. Zu beachten ist hierbei, dass auch das schuldhafte Verhalten des Erbschaftsbesitzers nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt sein muss; alleine der Eintritt des Schadens nach Rechtshängigkeit reicht nicht aus, wenn die schadensbegründende Handlung bereits vor Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgte.[8] Der Erbe kann auch für die Unmöglichkeit der Herausgabe solcher Erbschaftssachen Schadensersatz verlangen, die nur besitzmäßig zum Nachlass gehörten, an welchem dem Erben jedoch nicht einmal ein obligatorisches Nutzungsrecht zustand.[9] Der Erbschaftsbesitzer kann jedoch nachweisen, dass die Sache dem Erblasser...

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