Gesetzestext

 

Der Erbe ist berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus, zu verweigern.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Wie bereits in den Vorbemerkungen dargelegt, gibt (auch) die Dreimonatseinrede des § 2014 BGB dem Erben eine weitere Überlegungsfrist ("Schonfrist"), innerhalb derer er den Nachlass sichten und entscheiden kann, ob er seine persönliche Haftung beschränken, also Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen soll. Das Recht, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit innerhalb der ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft zu verweigern, bewirkt schließlich auch zum Schutz der Nachlassgläubiger, dass der Nachlass nicht zugunsten einzelner Gläubiger geschmälert wird, sondern für ein etwa erforderliches Nachlassinsolvenzverfahren erhalten bleibt, das der möglichst gleichmäßigen Befriedigung aller Nachlassgläubiger dient.[1]

[1] BeckOK BGB/Lohmann, § 2014 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Voraussetzungen der Einrede

 

Rz. 2

Neben dem Erben sind zur Erhebung der Einrede berechtigt der nach § 1960 BGB oder nach § 1975 BGB bestellte Nachlasspfleger und der Nachlassverwalter sowie der verwaltende Testamentsvollstrecker und der das Gesamtgut (mit)verwaltende Ehegatte bei der Gütergemeinschaft (§ 1489 Abs. 2 BGB).[2] Die Einrede kann auch schon vor Annahme der Erbschaft geltend gemacht werden.[3] Die Annahme der Erbschaft (oder der Ablauf der Ausschlagungsfrist, vgl. § 1943 Alt. 2 BGB) bewirkt lediglich den Beginn der Drei-Monats-Frist, die nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und 3 BGB berechnet wird. Bei Miterben ist die Frist jeweils gesondert zu berechnen. Wird vor Annahme der Erbschaft ein Nachlasspfleger bestellt, beginnt die Frist mit dessen Bestellung, § 2017 BGB.[4] Wenn vor Fristablauf die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt worden ist, bleibt die Beschränkung der Zwangsvollstreckung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag aufrechterhalten (§ 782 S. 2 ZPO).

 

Rz. 3

Mit der Errichtung des Inventars (§§ 1993, 1994 BGB) endet die Frist des § 2014 BGB, weil der Erbe aufgrund des Inventars einen ausreichenden Überblick über den Bestand des Nachlasses hat und nicht (mehr) des Schutzes bedarf (Hs. 2). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Inventar freiwillig oder aufgrund einer Fristsetzung errichtet wurde und ob eine Inventarverfehlung vorliegt.[5] Bei Miterben ist es so, dass die Errichtung des Inventars des einen Miterben den anderen Miterben nicht ohne Weiteres die Einrede des § 2014 BGB nimmt. Das ist nur dann der Fall, wenn der Miterbe sich auf das Inventar des anderen Miterben bezieht.[6]

 

Rz. 4

Die Dreimonatseinrede ist ausgeschlossen, wenn der Erbe allgemein oder gegenüber demjenigen Gläubiger, der den Anspruch geltend macht, unbeschränkt haftet (§ 2016 Abs. 1 BGB); gegenüber Forderungen, die sofort zu befriedigen sind, wie dem Anspruch der werdenden Mutter des Erben (§ 1963 BGB), dem Dreißigsten (§ 1969 BGB), den Anzeige- und Notbesorgungspflichten aus §§ 673 S. 2, 727 Abs. 2 S. 1, 1894 Abs. 1 und § 2218 BGB, die den Erben als solchen treffen, und den Vorlegungspflichten des Erben nach §§ 809811 BGB.[7] Der Erbe verliert die Einrede, wenn er sich die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass nicht im Urteil vorbehalten lässt (§§ 305, 780 Abs. 1 ZPO). Eines Vorbehaltes bedarf es nicht, wenn die Vollstreckung aus einem gegen den Erblasser erwirkten Titel begonnen oder fortgesetzt wird (§§ 778, 779 ZPO).[8] In den Fällen des § 780 Abs. 2 ZPO ist ein Vorbehalt ebenfalls nicht erforderlich.[9]

[2] MüKo/Küpper, § 2014 Rn 2; Staudinger/Dobler, Vorbem. zu §§ 2014–2017 Rn 3; BeckOK BGB/Lohmann, § 2014 Rn 2.
[3] Staudinger/Dobler, § 2014 Rn 2; BeckOK BGB/Lohmann, § 2014 Rn 2.
[4] BeckOK BGB/Lohmann, § 2014 Rn 3.
[5] Staudinger/Dobler, § 2014 Rn 3.
[6] Staudinger/Dobler, § 2014 Rn 3.
[7] MüKo/Küpper, § 2014 Rn 3.
[8] BeckOK BGB/Lohmann, § 2014 Rn 6.
[9] Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, § 780 Rn 7, 8.

II. Wirkungen der Einrede

 

Rz. 5

Die Wirkung der Einrede des § 2014 BGB ist im BGB nicht näher geregelt. Man muss bei den Einreden hinsichtlich ihrer prozessualer und den materiell-rechtlichen Wirkungen unterscheiden. Für den Prozess bestimmt § 305 ZPO, dass durch die Geltendmachung der Einrede eine unter dem Vorbehalt der beschränkten Haftung ergehende Verurteilung des Erben nicht ausgeschlossen wird. Damit ist klargestellt, dass der endgültige Erbe, auch wenn die Einrede erhoben wird, unter dem Vorbehalt der beschränkten Haftung verurteilt wird (§§ 305 Abs. 1, 780 Abs. 1 ZPO). Das unterscheidet die Stellung des vorläufigen Erben (§ 1958 BGB), gegen den ein Urteil betreffend den Nachlass nicht ergehen darf, von dem endgültigen Erben. Die Geltendmachung der Einrede führt, ohne Prüfung der Begründetheit, zur Aufnahme des Beschränkungsvorbehaltes nach § 780 Abs. 1 ZPO. Eines besonderen Vorbehalts der Einrede bedarf es nicht.[10]

 

Rz. 6

Wird die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil betrieben (vgl. § 781 ZPO), kann der Erbe im Wege der Vollst...

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