Gesetzestext

 

Ist das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet, so findet auf die Haftung des Erben die Vorschrift des § 1973 entsprechende Anwendung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Das Gesetz enthält keine allg. Regelung darüber, wie der Erbe nach der Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens haftet. Die Bestimmung enthält deshalb eine (spezielle) Regelung der Haftung des Erben nach Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens durch Verteilung der Masse (§§ 196 ff., 200 InsO) oder durch einen Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO). Nur in diesen (beiden) Fällen soll der Erbe den nicht befriedigten Nachlassgläubigern wie ausgeschlossenen Gläubigern haften (Hs. 2 i.V.m. § 1973 BGB). Diese Regelung beruht darauf, dass in beiden Verfahren ein Gläubigeraufgebot stattgefunden hat.[1] Die Bestimmung wird als "Erschöpfungseinrede" bezeichnet. An der so bestimmten Haftung ändert sich – falls nicht abweichende Vereinbarungen zwischen dem Erben und einem Nachlassgläubiger getroffen werden – nichts mehr. Nach § 2000 S. 3 BGB kann dem Erben nach Abschluss des Insolvenzverfahrens durch Verteilung der Masse oder durch Insolvenzplan keine Inventarfrist mehr gesetzt werden.[2] Die Bestimmung findet allerdings keine Anwendung, wenn der Erbe bereits vor Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten gehaftet hat (§ 2013 Abs. 1 S. 1 BGB). Haftet der Erbe nur einzelnen Gläubigern gegenüber unbeschränkt, bleibt im Verhältnis zu den anderen Gläubigern § 1989 BGB anwendbar. Ergänzt wird § 1989 BGB durch § 2060 Nr. 3 BGB: Miterben haften nicht nur auf den Nachlass beschränkt, sondern außerdem nur für den ihrem Erbteil entsprechenden Teil der Nachlassforderung.[3]

[1] MüKo/Küpper, § 1989 Rn 1.
[2] MüKo/Küpper, § 1989 Rn 1.
[3] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 30.

B. Tatbestand

I. Keine Anwendbarkeit des § 1989 BGB

 

Rz. 2

Die Bestimmung gilt im Übrigen nur dann, wenn das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse (§ 196 InsO) oder durch einen Insolvenzplan (§ 217 InsO) beendet wurde. Gemeint ist damit die Beendigung durch denjenigen Aufhebungsbeschluss des Insolvenzgerichts, der gem. § 200 InsO auf die Schlussverteilung oder gem. § 258 InsO auf die Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans hin erfolgt. Wird das Nachlassinsolvenzverfahren auf eine andere Weise beendet, ist § 1989 BGB nicht anwendbar. Das gilt in den Fällen, in denen:

der Eröffnungsbeschluss auf eine sofortige Beschwerde hin wieder aufgehoben wird (§§ 6, 34 Abs. 3 InsO). Denn dann entfallen rückwirkend sämtliche mit der Eröffnung verbundenen Rechtswirkungen. Die Eröffnung gilt als nicht erfolgt. Der Erbe haftet wieder nach den allg. Grundsätzen;[4]
das Nachlassinsolvenzverfahren gem. § 207 InsO mangels Masse eingestellt worden ist. In diesen Fällen kann sich der Erbe auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen (§§ 1990, 1991 BGB). § 1973 BGB gilt dann nur gegenüber ausgeschlossenen und diesen gleichstehenden (§ 1974 BGB) Gläubigern;[5]
das Nachlassinsolvenzverfahren nach den §§ 213 ff. InsO mit Zustimmung aller Gläubiger eingestellt wurde. In einem solchen Fall findet § 1990 BGB nur dann Anwendung, wenn der Nachlass dürftig ist oder ein Fall des § 1992 BGB vorliegt.[6] Gegenüber denjenigen Gläubigern, die an dem Verzicht teilgenommen haben, können sich Haftungsbeschränkungen aus Vereinbarungen ergeben, auf denen der Verzicht beruht. Sie treten an die Stelle der sonstigen Regelungen;[7]
ein Gläubiger nach § 1971 BGB von einem Aufgebot nicht betroffen würde.[8]
[4] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 2.
[5] BeckOK BGB/Lohmann, § 1989 Rn 2.
[6] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 4.
[7] BeckOK BGB/Lohmann, § 1989 Rn 2.
[8] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 5.

II. Beendigung durch Verteilung der Masse und Rechtsfolgen

 

Rz. 3

Das Nachlassinsolvenzverfahren ist dann beendet, wenn es nach der Schlussverteilung (§§ 196 ff. InsO) durch einen förmlichen Beschluss des Insolvenzgerichts aufgehoben wird (§ 200 Abs. 1 S. 1 InsO). Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen (§ 200 Abs. 2 S. 1 InsO). Die §§ 3133 InsO gelten entsprechend (§ 200 Abs. 2 S. 2 InsO). Erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet der dem Erben bereits durch § 1975 BGB und § 784 Abs. 1 ZPO gewährte Schutz des Eigenvermögens. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann der Erbe die Befriedigung der noch nicht (voll) befriedigten Nachlassgläubiger oder derjenigen, die sich am Nachlassinsolvenzverfahren nicht beteiligt haben, verweigern, soweit der Nachlass durch das Nachlassinsolvenzverfahren erschöpft wird. Der Erbe braucht die Nachlassgläubiger deshalb weder aus seinem Eigenvermögen noch aus solchen Nachlassgegenständen zu befriedigen, derentwegen eine Nachtragsverteilung gem. § 203 InsO stattfinden muss.

 

Rz. 4

Sind alle bei der Schlussverteilung zu berücksichtigenden Gläubiger voll befriedigt worden, kommt eine Haftung des Erben ohnehin nur gegenüber solchen Nachlassgläubigern in Betracht, deren Forderungen von der Schlussverteilung nicht betroffen und in das Schlussverzeichnis nicht einzusetzen waren. Das sind meist die Nachlassgläubiger, d...

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