Gesetzestext

 

(1)Der Nachlassverwalter darf den Nachlass dem Erben erst ausantworten, wenn die bekannten Nachlassverbindlichkeiten berichtigt sind.

(2)1Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Ausantwortung des Nachlasses nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet wird. 2Für eine bedingte Forderung ist Sicherheitsleistung nicht erforderlich, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung eine so entfernte ist, dass die Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswert nicht hat.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift nennt die Herausgabe des Nachlasses an den Erben (Ausantwortung) und versteht darunter die Herausgabe aller Nachlassgegenstände einschließlich der sich auf den Nachlass beziehenden Schriftstücke und Akten.[1] Sie regelt dabei nicht, wann der Nachlassverwalter den Nachlass an den Erben herausgeben muss, sondern lediglich, wann er hierzu im Verhältnis zu den Nachlassgläubigern als Gesamtheit berechtigt ist.[2] Ziel der Bestimmung ist es, eine vorzeitige Herausgabe an den Erben zu verhindern.[3] Nicht geregelt wird schließlich das Recht bzw. die Pflicht des Nachlassverwalters, nach Beendigung der Nachlassverwaltung den Nachlass(rest) an einen Nachlassinsolvenzverwalter oder einen neuen Nachlassverwalter herauszugeben (siehe §§ 1915 Abs. 1, 1986, 1988 Abs. 1 BGB).

[1] BeckOK BGB/Lohmann, § 1986 Rn 1.
[2] Staudinger/Dobler, § 1986 Rn 1.
[3] MüKo/Küpper, § 1986 Rn 1.

B. Tatbestand

 

Rz. 2

Der in der Vorschrift geregelten Berechtigung des Nachlassverwalters ("darf"), den Nachlassrest an den Erben heraus zu geben, entspricht nicht auf der anderen Seite ein Herausgabeanspruch des Erben gegen den Nachlassverwalter. Dies ist erst nach der Beendigung der Nachlassverwaltung der Fall, die nicht mit der Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten eintritt, sondern erst mit der Aufhebung durch das Nachlassgericht (§§ 1919, 1988 Abs. 2 BGB) oder durch Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens.

 

Rz. 3

Nach der Beendigung der Nachlassverwaltung, nicht etwa erst nach deren Aufhebung durch das Nachlassgericht, hat der Nachlassverwalter den Nachlass und das aus der Verwaltung desselben Erlangte an den Erben – im Falle des § 1988 Abs. 1 BGB an den Nachlassinsolvenzverwalter – herauszugeben und Schlussrechnung zu legen (§§ 1890, 1915, 1975 BGB). An mehrere Erben hat er gemeinschaftlich herauszugeben. Die Verteilung an die Miterben hat er nicht vorzunehmen.[4] Auf Verlangen eines Miterben hat er zu hinterlegen (§ 2039 BGB). Der Anspruch des Erben auf Herausgabe des Nachlassrestes ist wie jede andere Forderung auch abtretbar und pfändbar.

 

Rz. 4

Der Nachlassrest darf nicht vor Berichtigung aller bekannten Nachlassverbindlichkeiten an den Erben herausgegeben werden. Bestehen Zweifel, ob weitere Nachlassverbindlichkeiten bestehen, ist der Nachlassverwalter gem. §§ 1980 Abs. 2 S. 2, 1985 Abs. 2 S. 2 BGB verpflichtet, ein Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlassgläubigern durchzuführen (§ 1970 BGB). War Testamentsvollstreckung angeordnet, ist der Nachlass an den Testamentsvollstrecker herauszugeben. Hat der Nachlassverwalter den Nachlass vorzeitig zurückgegeben und melden sich weitere Nachlassgläubiger, muss er den Nachlass zurückfordern, um auch diese Gläubiger befriedigen zu können.[5] Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zzt. nicht durchführbar, etwa weil eine aufschiebende Bedingung noch nicht eingetreten oder ein Nachlassgläubiger nicht auffindbar ist, ist vor Herausgabe des Nachlasses Sicherheit zu leisten (Abs. 2; vgl. auch § 52 Abs. 2 BGB). Die Sicherheitsleistung erfolgt nach §§ 232 ff. BGB; daneben kommt auch eine Hinterlegung nach § 372 BGB in Betracht.[6] Sicherheit ist auch für vom Nachlassverwalter – nicht: vom Erben – bestrittene Forderungen zu leisten.[7] Ist im Fall einer bedingten Forderung die Möglichkeit des Bedingungseintritts so fernliegend, dass der Forderung kein gegenwärtiger Vermögenswert zukommt, braucht keine Sicherheit geleistet zu werden (Abs. 2 S. 2; vgl. auch § 191 Abs. 2 InsO; § 916 Abs. 2 ZPO).

 

Rz. 5

Meldet sich nach Aufhebung der Nachlassverwaltung noch ein unbefriedigter Nachlassgläubiger, so ist bzgl. der Haftung zu unterscheiden:

Haftete der Erbe schon vor Anordnung der Nachlassverwaltung unbeschränkbar, dauert die unbeschränkte Haftung fort.[8]
Einem im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen oder ihm gleichstehenden Gläubiger haftet der Erbe nur nach Maßgabe der §§ 1973, 1974 BGB.[9]
Erfolgte die Aufhebung der Nachlassverwaltung aus dem in § 1988 Abs. 2 BGB genannten Grund (Fehlen einer kostendeckenden Masse) oder deckt der Nachlass die Kosten einer nochmaligen Nachlassverwaltung nicht, so ist der Erbe gem. § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt, die Befriedigung eines Nachlassgläubigers zu verweigern, soweit der Nachlass unter Berücksichtigung des § 1991 BGB nicht ausreicht.[10]
Gegenüber Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen kann der Erbe u.U. auch dann nach den §§ 1990, 1991 BGB verfahren, wenn der Nachlass nicht dürftig i...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge