Gesetzestext

 

(1)1Hat der Erbe von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis erlangt, so hat er unverzüglich die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen. 2Verletzt er diese Pflicht, so ist er den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. 3Bei der Bemessung der Zulänglichkeit des Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen außer Betracht.

(2)1Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis gleich. 2Als Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der Erbe das Aufgebot der Nachlassgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat, das Vorhandensein unbekannter Nachlassverbindlichkeiten anzunehmen; das Aufgebot ist nicht erforderlich, wenn die Kosten des Verfahrens dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmung ergänzt die Vorschriften zur Haftung des Erben (§§ 1978, 1979 BGB), gelegentlich der Verwaltung des Nachlasses. Dem Erben wird die Pflicht auferlegt, unverzüglich (vgl. § 121 BGB) das Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen, sobald er Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses erlangt (im Einzelnen vgl. § 1975 Rdn 6, 7). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, ist er den Gläubigern gegenüber schadensersatzpflichtig.[1] Damit will auch diese Bestimmung sicherstellen, dass der vorhandene Nachlass bei Beschränkung der Haftung auf den Nachlass den Nachlassgläubigern vollständig zur Verfügung steht; sie soll außerdem zur möglichst gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger bei Unzulänglichkeit des Nachlasses beitragen.[2] Der Erbe hat daneben auch das Recht, das Nachlassinsolvenzverfahren (§ 317 InsO) und die Nachlassverwaltung zu beantragen.[3] Antragsberechtigt i.S.d. § 317 InsO sind der Erbe, nach AG Dresden[4] nicht der Erbeserbe, Miterben,[5] der verwaltende Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlasspfleger. Daneben auch Nachlassgläubiger, jedoch nur innerhalb einer Frist von zwei Jahren ab Annahme der Erbschaft (§ 319 InsO) (im Einzelnen vgl. § 1975 Rdn 6).

[1] NK-BGB/Krug, § 1980 Rn 2.
[2] BeckOK BGB/Lohmann, § 1980 Rn 1; Erman/Horn, § 1980 Rn 1.
[3] Staudinger/Dobler, § 1980 Rn 1.
[4] ZVI 2011, 325 = ZErb 2012, 63 = ZEV 2011, 548; a.A. vgl. Küpper, ZEV 2011, 549.
[5] Mit der Einschränkung, dass der einzelne Miterbe den Eröffnungsgrund glaubhaft machen muss, § 317 Abs. 2 InsO.

B. Tatbestand

I. Keine Antragspflicht

 

Rz. 2

Keine Antragspflicht besteht

für den vorläufigen (werdenden) Erben;[6] nach Ablauf der Ausschlagungsfrist, mit deren Versäumung die Erbschaft nach § 1943 BGB als angenommen gilt, oder nach Annahme der Erbschaft ist der Erbe trotz eines schwebenden Erbprätendentenstreits und deswegen angeordneter Nachlasspflegschaft verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen.[7]
wenn der Erbe allen Gläubigern gegenüber unbeschränkbar haftet (§ 2013 Abs. 1 S. 1 BGB). Haftet der Erbe nur einzelnen Gläubigern gegenüber unbeschränkt, bleibt es hingegen bei der Antragspflicht (§ 2013 Abs. 2 BGB);
wenn ein inländischer Gerichtsstand für die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nicht besteht;[8]
wenn diese dem Erben durch Vereinbarung mit den Nachlassgläubigern erlassen worden ist,[9] wobei jeder der Nachlassgläubiger nur mit Wirkung gegen sich selbst handeln kann;[10]
wenn die Unzulänglichkeit des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen beruht (Abs. 1 S. 3),[11] gegenüber ausgeschlossenen und ihnen gleichgestellten Gläubigern (§§ 1973, 1974, 1989 BGB);
wenn die Überschuldung nur auf ihren Forderungen beruht;[12] bei Dürftigkeit des Nachlasses, da der Erbe diesen nach § 1990 Abs. 1 S. 2 BGB den Nachlassgläubigern zur Befriedigung bereitstellen kann.[13]
 

Rz. 3

Ist Nachlassverwaltung angeordnet, treffen Antrags- und Schadensersatzpflichten den Nachlassverwalter (§ 1985 Abs. 2 S. 2 BGB). Diese Regelung sollte der Berater des Erben beachten und im Zweifelsfall für den Fall unklarer Nachlassverhältnisse dem Erben die Empfehlung erteilen, möglichst frühzeitig einen Antrag auf Anordnung der Nachlassverwaltung zu stellen.[14] Für Nachlasspfleger und Testamentsvollstrecker gilt § 1980 BGB nicht, es bleibt vielmehr der Erbe nach § 1980 BGB verpflichtet.[15] Das Antragsrecht aus § 317 Abs. 1 InsO hat der Nachlasspfleger ausschließlich im Interesse des Erben zur Sicherung und Erhaltung des Nachlasses, nicht aber auch im Interesse der Nachlassgläubiger wahrzunehmen. Machen Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker von ihrem Antragsrecht (§ 317 Abs. 1 InsO) schuldhaft keinen Gebrauch, können sie deshalb jedoch ihrerseits dem Erben schadensersatzpflichtig[16] sein.

[6] OLG Köln ZInsO 2012, 2254 = ZVI 2012, 462 = NZI 2012, 1030; Marotzke, ZInsO 2011, 2105; BGHZ 161, 281 = NZI 2005, 162 = ZEV 2005, 21 = NJW 2005, 756 = FamRZ 2005, 446 = Rpfleger 2005, 194 = ZInsO 2005, 375 = MDR 2005, 512.
[7] BGHZ 161, 281 = NZI 2005, 162 = ZEV 2005, 21 = NJW 2005, 756 = FamRZ 2005, 446 = Rpfleger 2005, 194 = ZInsO 2005, 375 = MDR 2005, 512.
[8] Er...

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