Rz. 6

Als Erblasserschulden werden diejenigen Verbindlichkeiten angesehen, die schon vor dem Eintritt des Erbfalls in der Person des Erblassers entstanden waren, darüber hinaus solche, die zwar erst nach dem Erbfall voll entstehen, deren wesentliche Entstehungsgrundlagen schon vor dem Erbfall gesetzt waren.[8] Für die Schulden des Erblassers haftet der Erbe selbstverständlich nur, soweit diese überhaupt vererblich sind.[9] Voraussetzung zur Einordnung der Verbindlichkeiten des Erblassers in die Gruppe der Erblasserschulden ist deshalb stets, dass die einzelne Verbindlichkeit vererblich ist.[10] Alle nichtvererblichen Verbindlichkeiten scheiden deshalb aus dem Kreis der Nachlassverbindlichkeiten aus. Dazu zählen u.a.:

 

Rz. 7

Gesetzliche Unterhaltspflichten gegenüber Verwandten (§ 1615 BGB) und dem Ehegatten (§ 1360a Abs. 3 BGB) oder dem Lebenspartner (§ 5 S. 1 LPartG). Sie erlöschen grundsätzlich mit dem Tod des Verpflichteten bzw. Berechtigten. Nur soweit der Anspruch auf Erfüllung oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkenden Leistungen gerichtet ist, die bereits zur Zeit des Todes des Verpflichteten fällig sind, gilt etwas anderes. Auch der Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes (§ 1615a BGB) erlischt mit dem Tod des Verpflichteten.

 

Rz. 8

Vererblich dagegen ist der Anspruch auf Unterhalt der geschiedenen und der ihnen gleichgestellten Ehegatten sowie des Lebenspartners (§ 1586b BGB; § 16 Abs. 2 S. 2 LPartG). Das gilt auch dann, wenn Erblasser und sein Ehegatte für den Fall der Scheidung eine unselbstständige Unterhaltsvereinbarung (z.B. Altersunterhalt) treffen.[11] § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB, auf den § 16 Abs. 2 LPartG Bezug nimmt, begrenzt allerdings die Haftung auf den fiktiven Pflichtteil des Berechtigten (geschiedenen Ehegatten oder Lebenspartner nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft (§ 15 LPartG). Denn die Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs soll den Lebensbedarf des geschiedenen Ehegatten über den Tod des Verpflichteten hinaus "in ähnlicher Weise sicherstellen, wie dies bei Fortbestand der Ehe durch erbrechtliche Ansprüche erreicht worden wäre".[12]

 

Rz. 9

Auch das langjährige Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Erblasser und einem Dritten lässt nach der Rspr. des BFH[13] mangels ausdrücklicher Vereinbarung eines Austauschverhältnisses keine dem Dritten gegenüber bestehende Erblasserschuld in Form von Unterhalts- oder Versorgungsansprüchen entstehen.

 

Rz. 10

Sonstige vermögensrechtliche Pflichten familienrechtlicher Natur sind je nach dem Normzweck der sie begründenden Vorschrift passiv vererblich oder unvererblich. Die Verpflichtungen des Vaters, der Mutter des Kindes die Kosten der Entbindung und Unterhalt aus Anlass der Geburt zu zahlen (§ 1615l BGB), erklärt das Gesetz ausdrücklich für vererblich (§§ 1615l Abs. 3 S. 5 u. 1615n BGB). Vererbliche Erblasserschuld ist auch die Zugewinnausgleichforderung des überlebenden Ehegatten in den Fällen des § 1371 Abs. 2 u. 3 BGB. Gleiches gilt für das Versprechen einer Ausstattung (§ 1624 BGB). Der Anspruch auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich geht allerdings mit dem Tode des Verpflichteten unter.[14]

 

Rz. 11

Verbindlichkeiten, die zu vermögensbezogenen Leistungen verpflichten, sind im Zweifel vererblich.[15] Nicht vererblich sind im Zweifel die Verpflichtungen des Beauftragten zur Besorgung des ihm übertragenen Geschäfts (§ 673 BGB) und des Dienstverpflichteten zur Leistung persönlicher Dienste (§ 613 BGB).[16] Die aus diesen Schuldverhältnissen hervorgegangenen Verpflichtungen (etwa auf Herausgabe des Erlangten oder einer Überzahlung) sind dagegen vererblich, so die Pflicht des Erblassers aus § 667 BGB, den Verbleib des durch eine Vermögensverwaltung Erlangten darzulegen. Außerdem entsteht für den Erben u.U. eine Anzeige- und Notbesorgungspflicht (§ 673 S. 2 BGB). Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag erlischt mit dem Tode des Unternehmers, wenn die Verpflichtung zur Herstellung auf dessen besonderer Fähigkeit oder künstlerischer Eignung beruht. Das gilt auch für die Verpflichtung des Autors aus dem Verlagsvertrag, wie überhaupt Verbindlichkeiten, bei denen es auf die Person des Ausführenden ankommt und die nach der Natur der Leistung nur von dem Erblasser, von den Erben oder überhaupt nicht erfüllt werden können, mit dem Erbfall erlöschen. Passiv unvererblich ist schließlich im Zweifel das schenkweise Versprechen einer wiederkehrenden Leistung (§ 520 BGB). Ausnahmsweise können auch solche Verbindlichkeiten vererblich sein, die sich nur auf durch Dritte (m. Ausnahme eines Gesamtrechtsnachfolgers) nicht ausführbare oder auf nichtvermögenswerte Leistungen richten.[17] Als Bsp. können hier angeführt werden die Pflicht zur Abgabe einer Willenserklärung, zur Auskunftserteilung[18] sowie einzelne Unterlassenspflichten.[19]

 

Rz. 12

Ob öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten auf den Erben übergehen, richtet sich grundsätzlich nach dem öffentlichen Recht, dem die Verbin...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge